Ich hatte mal eine Freundin, die weinte angesichts trauriger Schicksale vor dem Fernseher. Ansonsten war sie sehr selbstbezogen.
Diese Erfahrung der Diskrepanz zwischen Mitleiden und Egozentrizität mündete später in einen Aufsatz von mir ein. Es ging dort hauptsächlich um den Widerspruch zwischen Werk und Charakter eines Künstlers:
>>Wir benötigen die Kunst gegen die Realität. In ihr scheint auf, was für uns möglich wäre. Kunst bestätigt die Berechtigung unserer Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit und führt uns vor Augen, wie wenig wir selber unser Bedürfnis nach dem richtigen Leben erfüllen. Es gibt Menschen, die weinen vollkommen erschüttert angesichts des Leidens, das ihnen ein Kunstwerk vor Augen führt, rühren aber nicht den kleinsten Finger für einen leidenden Menschen, der ganz in ihrer Nähe lebt.<<
Jetzt sehe ich diesen Comic, diese Karikatur, und finde, das passt:
Ja, – und es entscheidet letztendlich, – was echt ist. Nicht das banale Gelaber um Authentizität. Sondern das reale Verhältnis, – zwischen Theorie und Praxis. Wer dies nicht sucht, – flüchtet. Vor sich selber.
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Ja, wir konsumieren einfach alles, auch Gefühle. Das stärkt das Wir-Gefühl und man kann sich so wunderbar einreden, dass man doch ein „guter“ Mensch ist. Wenns aber um das eigene, real zu bewältigende Leben geht, „müssen“ wir doch hart sein, wenn schon notwendiger Weise gegen uns selbst, dann doch erst Recht gegen andere. Das Leben ist schließlich kein Ponyhof (warum eigentlich nicht?). Man gönnt dem Nachbarn schließlich alles, wenn er es sich auch verdient hat. Aber die Kinder in Afrika…, die können ja schließlich nichts dafür…
Außerdem ist es anstrengender, authentisch zu sein, leichter ist es, eine Rolle zu spielen.
Die gesamte Unterhaltungs- und Wohltätigkeit-durch-Spenden-Industrie lebt von Emotionalisierung. Ein gutes Gefühl lässt sich kaufen und erleichtert das Gewissen dessen, der so etwas noch kennt. Ich denke da z.B.an den Werbespot für die „Glücksspirale“: „Stellen Sie sich ein Land vor, in dem jedem geholfen wird, der Hilfe benötigt…“ – selbstverständlich verbunden mit potenziellen Gewinnen für die Spender. Da wird mir regelmäßig schlecht.
Wer an dem Widerspruch zerbricht, ist selber Schuld. Der sieht die Realität einfach falsch.
Ich gebe aber zu bedenken, dass, wer über „ins Haus geliefertes“ Leid noch weinen kann, immerhin noch nicht ganz „verloren“ zu sein scheint.
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