Mitarbeiter der Jobcenter: Zielen Sie nicht auf Ihre Mitmenschen!
Mit der nunmehr zehnjährigen Geschichte der unsäglichen Hartz-IV-Gesetze in Deutschland hat die Vergesellschaftung der politisch-bürokratisch initiierten Stigmatisierung ihren Lauf genommen. So stolz auch alle Bundesregierungen seit Gerhard Schröder die Hartz-Gesetze präsentiert haben, so sehr hat die Industrialisierung der Armut vielerorts Leid geschaffen, Ausgrenzung produziert und die Menschen unter erheblichen Druck gesetzt, der für eine Vielzahl von ihnen weder psychisch noch physisch erträglich ist.
Inzwischen werden Menschen, die sich wie die Mitarbeiterin des Hamburger Jobcenters, Inge Hannemann, in legitimer, dem demokratischen Meinungsbildungsprinzip entsprechender, Weise gegen dieses staatlich organisierte System der Angst wenden, durch Politiker wie auch Behörden öffentlich an den Pranger gestellt. Politische, aber auch zivilgesellschaftliche Forderungen nach einem Ende dieser Repressionsmaßnahmen gegen „Arbeitsunwillige“, „notorische Faulenzer“ oder „Leistungsverweigerer“ werden inzwischen völlig ignoriert.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter,
beenden Sie diese Tragödie durch Ihre Menschlichkeit!
Greifen Sie aktiv ein, indem sie Ihre Ermessensspielräume nutzen. Sanktionieren Sie nicht weiter, ordnen Sie keine Zwangsumzüge mehr an, die ganze Familien aus ihrem sozialen Umfeld und Kinder von geliebten Freunden wegreißen. Gerade diese Sanktionspolitik ist es, die Menschen an die Grenze ihrer Existenz treibt und eine nicht zu rechtfertigende Spirale der psychischen Gewalt in Gang setzt, welche zuletzt immer häufiger beiderseits in physische Gewalt umschlägt.
Sie können vieles, was das Leben der Menschen in diesem Sozialsystem erschwert und belastet, durch einfache Instrumente und vor allem mit Menschlichkeit verhindern. Versetzen Sie sich vor solchen Entscheidungen in die Lage der Menschen, denen Sie plötzlich die Grundlage ihrer Existenz entziehen.
Wie würden Sie empfinden, wenn Sie „auf Befehl“ Ihre Wohnung verlassen, Ihre Kinder umschulen müssten oder Freunde und Nachbarn verlieren würden? Geschweige denn, man würde Ihnen die Miete, das Geld zum Leben oder gar die Krankenkassenmitgliedschaft entziehen? Würden Sie das nicht als Demütigung, Peinigung und als Bedrohung für sich und die Schutzbedürftigen Ihrer Familie verstehen?
Könnten Sie so noch das notwendige Selbstbewusstsein ausstrahlen, sich zu bewerben und die Kraft und Motivation aufbringen, die Sie für den Job benötigen, der Ihre Familie ernähren soll?
Hartz IV treibt durch seinen enorm hohen Druck die Menschen nicht nur noch weiter in die Armut und Verschuldung, sondern es führt immer häufiger zu schweren Depressionen, großer Angst und seelischen Hemmschwellen im Umgang mit dem beruflichen und persönlichen Umfeld. Es unterminiert und erodiert – statt zu fördern.
Nicht zuletzt führt diese Art der, an extreme Bedingungen gebundenen Sozialpolitik bei gleichzeitigem Versagen des Staates in der politischen Verantwortung uns alle in die Irre. Als wären wir selbst schuld an unserer Situation, schieben wir uns gegenseitig die Schuld in die Schuhe, anstatt darauf zurückzugreifen, über was wir alle ganz einfach so verfügen können – Menschlichkeit und Empathie, dort wo Politik und Ämter immer mehr versagen.
Sie haben die faktische Verwaltungsmacht über die soziale Zufriedenheit großer Bevölkerungsteile – und damit auch über Ihre eigene Zufriedenheit, Menschen helfen zu können statt ihnen zu schaden.
Nur Menschlichkeit allein kann dazu führen, unser aller Selbstbewusstsein zu stärken und wieder an eine Zukunft zu denken, in der wir nicht unter sozialem Druck unsere eigene Freiheit und individuelle Souveränität verlieren.
Nehmen Sie sich die Freiheit und den Mut, Hartz IV als das zu verstehen und anzuwenden, was es eigentlich sein soll – eine soziale Gesetzgebung, die jedem Mitbürger in der vorübergehenden oder anhaltenden Not als Schutz und Hilfe zur Verfügung steht.
Lutz Hausstein
Wirtschaftswissenschaftler und Publizist
Deutschland im Juni 2013
anmerkung kb.:
ich möchte auf folgende publikation hinweisen:
lutz hausstein
ein plädoyer für gerechtigkeit. texte zur politischen, wirtschaftlichen und sozialen lage in deutschland, 2008 – 2012, edition bildstein, leipzig und dresden 2012
sehr einfühlsam beschrieben – vielen Dank.. genau, das ist es-die Empathie..
die Publikation von Lutz liegt mir vor… sie strahlt Sympathie aus… allein schon beginnend mit dem Vorwort – ein fundamentaler Satz von Mahatma Gandhi:
„Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“
Ganz großen Dank an Lutz Hausstein.
“Am 09.11.1989 haben wir mit der Maueröffnung auch die Abrissbirne gegen den Sozialstaat in Position gebracht. Hartz V bis Vlll werden demnächst folgen. Es ist Klassenkampf und es ist gut so, dass der Gegner auf der anderen Seite kaum wahrzunehmen ist.”Michael Rogowski, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am 16.12.2004 auf PHOENIX
Dieser Staat hat seit langem seine Legitimation verloren, da nutzt auch kein verzweifelter Aufruf an die “ Mitmacher “ die gerne mal ihres Herren Peitsche halten und nutzen denn letztendlich waren wie seinerzeit im Nachhinein alle im Widerstand™ und haben von nix gewusst … „ich hab‘ nur gemacht was man mir gesagt hat “ .. auch die Mauerschützen hatten seinerzeit “ Rechtssicherheit “ was sich erst nach dem Wandel der DDR in die BDDR 2.0 in bescheidenem Masse änderte .. ( ein paar Schauprozesse in denen die wirklich Verantwortlichen eh nicht belangt wurden , die hocken heute wie damals gut )
Solange dem Personenkreis der Profiteure, korrupten lobbyistischen „Volksvertreter , willigen Mitmachern, geschützt von einer willigen marktkonformen Justiz keinerlei ernstzunehmenden Repressalien drohen sind solche Bettelbriefe und Bittschriften wie das flüstern im Sturm .
ja richtig, es ist ein Sauhaufen, der schon lange seine Legitimation verloren hat, dennoch gebe ich Hoffnung verbunden mit Kampf nicht auf…..
Ich kenne sehr viele Leute aber leider zuwenig Menschen…..
Der Appell ist sicher gut gemeint, findet aber bei den Adressaten mit Sicherheit wenig bis keine Resonanz. Die Job-Center-Beschäftigen arbeiten in einem streng hierarchischen System mit Regeln, die auch heute nimmer noch aus Sekundärtugenden wie Loyalität, Gehorsam, Verschwiegenheit, Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit, Gesetzestreue besteht. Schon in der Ausbildung des Nachwuchses für den öffentlichen Dienst werden Eigenschaften wie Zivilcourage, aufrechter Gang, Empathie, eigene Meinung, Durchsetzungsvermögen, Gewissen und Nonkonformismus systematisch eliminiert.
Später, auf der Verwaltungsakademie, wird man dann erst so richtig auf dieses System und diesen „Rechts“-Staat zugerichtet, um für den höheren Dienst qualifiziert zu sein.
Die Entscheidungsträger in den Jobcentern werden in ihrer menschenverachtenden Mentalität nur noch von denen in den Ausländerbehörden übertroffen.
Im Zusammenhang mit der Katastrophe anläßlich der Love-Parade in Duisburg war es daher auch nicht verwunderlich, dass das Schweigekartell, bestehend aus den vielen kleinen mausgrauen beamteten Mittätern im Bauordnungsamt im Schutz des „Befehlsnotstandes“ nicht zur Rechenschaft gezogen wurde. Diesen Figuren waren ihre Behördentreue, ihre Loyalität gegenüber ihren Vorgesetzten und ihre Verschwiegenheitspflicht höhere Werte, als die Aufdeckung der internen Machenschaften, die zu der Katastrophe mit vielen Toten führten. Selbst anonym hatte nicht ein einziger die Courage, auszupacken. Hab bis heute nichts derartiges gehört. Dokumentiert ist lediglich, dass eine Abteilungsleiterin sich weigerte, an den Vorbereitungen zur Genehmigung mitzuwirken. Sie wurde versetzt.
Der Kadavergehorsam ist dabei doch noch nicht einmal das Schlimmste sondern der Vorauseilende Gehorsam, das sichere Wissen was von einem verlangt wird von der Obigkeit ,um sich demütig devot „Liebkind“ zu machen ohne das es wirklich ausgesprochen werden muss!1! ..eine der allerübelsten theutschen Tugenden ..! Allein darum ist solch eine Bettelschrift schon für’n Arsch…. denn die „Mitmacher“ haben keinerlei Unrechtsbewusstsein, und das zieht sich durch alle Staatsorgane, drum von mir ja auch immer wieder es ist ein ganz besonderer Menschenschlag der in den Staatsdienst eintritt ..Polizei, mittlere Beamtenlaufbahn , ..blabla drum triffst du auch großenteils immer die selbe Sorte Arschlöcher egal ob auf der Passstelle , Bullerei, Finanzamt, … jeder dieser kleinen Wichser die ein wenig Macht über andere haben .. und nur machen was sie gesagt bekommen 😉
genau so ist es… danke für Deine Offenheit…. ich kann immer noch nicht hier darüber schreiben, obwohl in den 70ern geschehen, was mir am eigenen Leibe im öD passiert ist….. vllt spater…
Es gilt weiter der APO Sruch : Macht kaputt, was euch kaputt macht..und Rio Reisers Song war nie aktueller als heute …
Hätte Claudia Roth mal genauer auf die Texte gehört, statt sich mit schnödem Geld zählen begnügt. Aber so ist halt das grüne Star-Moppelchen, was oben fehlt ist hinten zu viel.
scnr.
Mit so einem merkelwürdigen Volk, das den ewig gestrigen Sprüchen der Paranoika-Politiker und ihrer neoliberalen Fanatiker jedes Wort wie Wichstum und Co. abnimmt, Deutschland gehe es gut und und und…mit so einem Volk, kann niemand die Türkei oder Brasilien in Sachen Protest schlagen.
Es muss erst noch ordentlich gesellsch. Porzelan zerschlagen werden, damit sich was ändert. Die Angst vor dem Anderen ist einfach noch zu groß, im Land der Schläfer und Wegschauer. Die Wahlzettel für den September 2013 sind bereits von vielen Bürgern geistig „zurechtgekreuzigt“ worden, damit alles bloß so bleibt.
Darauf verwette ich meinen Ringfinger. Manno, viele werden nie begreifen, wie wenig Geld sie all die Jahre haben durch ihre Finger gleiten lassen, nur um in der Rente im Dauersparzustand leben zu müssen.
Hauptsache ..LINKS* verhindert ..puh
*die einzige Partei die etwas für die Bevölkerung im Wahl/Parteiprogramm hat ..aber was juckt es die Verhinderer in einem Land mit dem höchsten Zahnärzte und Multimillonäreanteil weltweit,denn jeder der 20 Cent über H4 sein Einkommen nennen darf sieht sich eher bei denen und kämpft für deren Privilegien , schließlich geht’s „uns“ gut
«Die Wahlzettel für den September 2013 sind bereits von vielen Bürgern geistig “zurechtgekreuzigt” worden, damit alles bloß so bleibt»
hört sich vllt nach ner gewagten These an – aber
taktischstrategisch gesehn ist ein Wahlsieg Merkels vllt gar nicht so schlecht.Eigtl kann es doch nur ne Frage der Zeit sein, bis sich die ewigen Rettungsschirme etc bemerkbar machen… auch wenn von den Griechenland-Hilfe deutsche Banken profitieren – gebürgt hat nur der deutsche Bürger, und an dem wird’s auch hängen bleiben. Noch geht es vielen relativ gut hier – früher oder später werden sich die Einschnitte aber auch hier deutlich bemerkbar machen… vllt platzt die Bombe ja schon nach er BT-Wahl.
realistisch gesehn – die LINKE wird wohl kaum den BK stellen, also ist die Frage nur Merkel allein oder große Koalition, mit viel Glück vllt auch die SPD…
sollte die SPD den BK stellen wenn’s bergab geht – reagiert das Volk wohl wie?
sie wünschen sich die gute alte Zeit mit der Union zurück, die verstanden doch noch was von Wirtschaft blablabla… und werden sie auch bekommen.
und auf geht’s, in ne neue Runde…
erläuterung: „viel Glück“ _für_ die SPD
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