Soeben auf Deutschlandfunk entdeckt. Hier kann ich jedes Wort unterschreiben, na ja, beinahe jedes Wort:
>>Polizei schafft selbst Sicherheitsgefährdung
Der martialische Daueraufmarsch seiner Ordnungskräfte, gepanzert wie beim Castortransport, nicht selten unzugänglich wie eine Horde Hooligans vorm Hassspiel, zeigt sich nämlich nicht als exekutive Reaktion auf sicherheitsrelevante Umstände. Nein: Die Polizei bastelt sich diese Umstände selbst, wirkt somit quasi legislativ, macht Politik, anstatt ihr zur Durchsetzung zu verhelfen. Sie schafft durch eine Art institutionalisierter Dauerdemonstration in der willkürlich gefassten Gefahrenzone exakt jene Sicherheitsgefährdung, die sie doch eigentlich einzudämmen vorgibt.
Das ist ganz im Sinne des konservativen Staatsrechtler Carl Schmitt. Für den war nur jene Regierung wirklich souverän, die den Ausnahmezustand beherrscht. In Hamburg geht die Polizei, aufgestachelt von journalistisch halbseidenen Sensationsblättern, angetrieben vom zusehends autoritär agierenden SPD-Senat, sogar noch einen Schritt weiter und erklärt den hausgemachten Ausnahmezustand zur Grundlage seiner selbst. Subtiler hätte auch Thomas Hobbes’ Leviathan kaum seine Macht gesichert.
Um nicht missverstanden zu werden: Gezielte Angriffe auf den Staat sind nicht nur juristisch inakzeptabel; als Rechtstaat darf, ja muss er sie sogar etwas weniger dulden als die auf seine Bürgerinnen und Bürger. Schon weil es die Grundfesten des Systems betrifft, seinen Wesenskern. Dass auch der Rechtsstaat mit Härte reagiert, wenn Polizeistationen attackiert und Beamte dabei aufs Schwerste verletzt werden, ist da konsequent.
Nur: Wer die Verhältnismäßigkeiten nicht verletzt, sondern ad absurdum führt, wer zivile Gewalt mit uniformierter Willkür bis hin zu bewusst lancierten Falschmeldungen über den Ablauf linker Attacken beantwortet, der nutzt den Ausnahmezustand nicht zur Ordnung, sondern manipuliert sie zum eigenen Machterhalt.
Hamburg brennt nämlich gar nicht. Was gelegentlich heißer brennt, als der Staat hinnehmen muss, ist der Protest gegen eine Politik der sozialen Kälte, der Vertreibung, der Ellbogengesellschaft – ausgefochten mit dem Schlagwerkzeug aus Geld, Kontakten, Besitz, dem Recht der Wohlhabenden, Einflussreichen. Dass auch ein sozialdemokratischer Senat dieses Feuer mit allen legalen Mitteln zu löschen hat, ist Teil des demokratischen Prozesses. Es selber zu legen, eher nicht.<<
(Jan Freitag, DIE ZEIT)
Quelle und mehr:
Irgend jemand in Hamburg hat diesen Film zu oft gesehen:
„als Rechtstaat darf, ja muss er sie sogar etwas weniger dulden als die auf seine Bürgerinnen und Bürger. Schon weil es die Grundfesten des Systems betrifft, seinen Wesenskern.“
Was soll das sein? Demokratie? Dieses Obrigkeitsgebuckel, widerlich. Am Ende steht da, die Obrigkeit müsse eine starke, aber maßvolle sein. Davon unterschreibe ich grad mal gar nichts.
das ist die bekannte und übliche ZEIT-rhethorik der relativierung. ich hatte den ersten und den letzten absatz gelesen und schrieb dann, ich unterschreibe jedes wort. erst dann las ich den ganzen text, den ich hier übernommen habe und fügte meine einschränkung hinzu.
insofern dank für deine kritik.
antwort 2: mir ist im laufe der letzten jahre aufgefallen, dass sehr viele autoren aus dem „linken“ spektrum immer zu relativierungen greifen, und zwar nach dem muster: ich habe ja nichts gegen meinungsfreiheit, aber der sarrazin …. ich habe ja nichts gegen israel, aber die ….. ist zu kritisieren; ich habe ja nichts gegen amerika, aber der irakkrieg von bush ….; ich habe ja nichts gegen …., aber….
ich habe nichts gegen juden, aber der broder …
wie kommen die leute immer darauf, dass wenn sie x kritisieren, sich zu y bekennen müssen?
Vielleicht hängt das mit diesem Zwang zum Lippenbekenntnis zusammen, auf den Peinhart, Gauss zitierend; aufmerksam gemacht hat. Ein Phänomen, das Beachtung verdient.
Wenn Unterdrückung aus einer Position der politischen Mitte kommt, dann kann sie ja nicht falsch sein.
Im Nachhinein lässt sich konstatieren, dass die Eichung der Schüler auf das Aufstellen von These, Antithese und deren Zusammenführung direkt in die von Orwell verbreitete Idee des Zwiedenkens geführt hat.
Keiner positioniert sich mehr gerne. Keine Aussage ist kritisierbar, weil die Gegenannahme schon mitgebracht wird. Alles hängt in der Luft und die Sprache an sich wird verwässert.
Autoritär ist das neue Antiautoritär.
p.s.: Sogar Schwachmaten bedienen sich dieser Technik. Wenn einer anfängt mit „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, Schwule, Linke, Rechte etc.“, dann folgt immer ein großes „aber“ nach dem immer nur Scheiße kommt.
Dazu : http://www.publikative.org/2014/01/12/davidwache-augenzeugen-widersprechen-der-polizei/
Mögen sich die Don Alphonosos dieser Republik daran abarbeiten.
Die Provokation, Eskalationsbereitschaft der Hamburger Polizeikräfte lässt sich selbstredend als ausgedehnte bürgerfeindliche Großübung verstehen, um Taktik, Rüstzeug und Konditionierung der Exekutivkräfte unter absehbar realen Zukunftsszenarien zu testen.
Sich den gesellschaftlichen Missständen/-verhältnissen und der sie schützenden/stützenden Staatsgewalt entgegenzustellen, ist unverhandelbares Bürgerrecht.
piet, der hinweis auf carpenter’s assault passt doch gut zur version der polizei. ob die in der davidwache zu oft den carpenter gesehen und deshalb eine paranoia entwickelt haben?
Klaus, ich glaub die haben eher das gesehen (gefühltes sehen)
Ich bin kein ein Hamburg-Durchblicker.
ABER: Ich kenne mich in einer zweigeteilten Stadt, nämlich dem Ruhrgebiet, recht gut aus!
Von daher finde ich diesen Text (und auch dazu noch) eines ZEIT-Autoren ausgezeichnet!
Er läßt sich eins zu eins auf andere Gegenden in diesem, unserem Lande übertragen!
„Hamburg brennt nämlich gar nicht. Was gelegentlich heißer brennt, als der Staat hinnehmen muss, ist der Protest gegen eine Politik der sozialen Kälte, der Vertreibung, der Ellbogengesellschaft – ausgefochten mit dem Schlagwerkzeug aus Geld, Kontakten, Besitz, dem Recht der Wohlhabenden, Einflussreichen.“
Ich danke Dir (KLAUS Baum) ausdrücklich für die Verbreitung dieses Kommentares!!!
Ich werde ihn weiterversenden!!
MfG
P.S.:
Auch wenn der supergescheite Flattermann sich mal wieder seine trolligen Bemerkungen nicht ersparen kann….;)
Gucke mal, wer in meiner Lieblingsstadt, die ich seit vielen Jahren bewohne, so alles auf die Strassen geht…hmmmmmm – Widerstand? Deshalb lacht die Murksel in Berlin so laut.
Aufstehen und diesem einseitigen Treiben ein Ende bereiten. Eine Polizei, die jenseits von Politik und Richtern Beschränkungen ausführt, die ist ganz nah bei 1937….aber nicht so laut, der Michel schnarcht.
Dem kann ich aus Erfahrung nur zustimmen. Von Haus aus eher nicht geübt im Argumentieren, kam ich mir oft minderwertig vor, wenn ich mit „gelernten Wessis“ (sorry) diskutiert habe. Da gab es immer ein „Aber“ mit der Berufung auf unsere freiheitliche Gesellschaft und Demokratie, in der Kompromisse schließlich unerlässlich seien. Fälschlicherweise wird das oft verwechselt mit Toleranz und Diplomatie, ist aber nichts anderes als Beliebigkeit. Wer eine Meinung begründet vertritt, wird ganz schnell in die Ecke des Besserwissers gesteckt. In der Gesellschaft finden ja auch überhaupt keine konstruktiven Auseinandersetzung mehr statt, allenfalls polemisch, aber doch nicht argumentativ. Das hat m.E. aber auch mit dem „schönen“ zum Leben erweckten Wort „alternativlos“ zu tun, das wie ein Damokleschwert über jedem „Abweichler“ schwebt. Wenn alles schon gesetzt ist, was gibt es dann noch zu diskutieren?
Spontan fällt mir dazu nur „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch ein. Die neuen Brandstifter heißt der Mainstream willkommen. Vielleicht habe ich diese Geschichte nach 40 Jahren nicht mehr so richtig in Erinnerung und es sind heute die Biedermänner, die schwarzgrüngelbrotbraun Verkleideten, die wahren Brandstifter. Oder gleichzeitig Biedermänner und Brandstifter.
Das käme dem Zeitgeist näher, in dem Krieg Friedensmission ist, Familie von hinten und vorne geht, kirchlicher Protz mit einmaliger Busfahrt egalisiert wird, Kindersitze mit Gurt und Helm in den Abschußrampen der neuen Firma Bundeswehr AG cool werden.
Die Wasserwerfer haben auch ihre humanitäre Funktion. Sie schützen den gesundheitsbewußten letzten aufmüpfigen Zeitgenossen vor der Dehydrierung. Die hier vergossenen Tränen, verursacht durch Tränengas, sind letztendlich nur Freudentränen, ob dem neuen goldenen neunen Zeitalter.
Noch’n Bier Uschi.
Weil es das Wichtigste ist, sicherzustellen, trotz aller Kritik auf dem Boden unseres Grundgesetzes zu stehen bzw. heute zusätzlich deutlich zu machen, die Alternativlosigkeit aller (Nicht)Entwicklungen verstanden zu haben?
Also ährlich, ich bin kein Hamburg-Durchblicker!
Aber die Noskes sind auch heute noch überall:
http://www.heise.de/tp/artikel/40/40744/1.html
MfG
Noske (today) = OLAF SCHOLZ !!!!
Den Israelis gehört eins drauf, genau so wie den Amis, den jüdischen Großspekulanten á la „Bubis“ und Konsorten ebenso.
Dann noch die Sache mit dem Rechtsstaat, der schon längst seine Berechtigung verloren hat.
Wenn wir nicht langsam anfangen wirklich in den Kampf zu ziehen, werden wir bald schon in einem totalitären System enden.
Dieser sogenannte Ausnahmezustand war nur ein Test.
Bald werden Ausgangssperren und Abriegelungen bestimmter Viertel, zumindest in Großstätten allgegenwärtig sein.
Flatter hat doch Recht mit seiner Bemerkung…?
wenn ich mal vermitteln darf: flatter bezog sich auf diesen mittleren abschnitt, in dem der autor das recht des staates preist; anti-frog und ich, wir hatten mehr den den letzten absatz im blick. so landeten wir bei unterschiedlichen bewertungen.
meiner einschätzung nach, gibt es massive totalitäre tndenzen in gegenwärtiger politik.
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