Eine Rezension von Hartwig Tegeler:
„Snowpiercer“, basierend auf dem französischen Comic „Schneekreuzer“, läuft diese Woche im Kino an. Der südkoreanische Regisseur Bong Joon-ho hat mit Darstellern wie Chris Evans, Tilda Swinton und dem Urgestein John Hurt große Namen für seinen Film gewinnen können. Herausgekommen ist eine düstere Geschichte über die Zeit nach der Apokalypse, wenn die wenigen Überlebenden in einem Zug zusammengepfercht sind.
Mehr hier:
Vielleicht etwas off-topic, aber für mich auch extrem apokalyptisch:
Tiefpunkt der journalistischen Kriegs-Propaganda:
Morgens: Meldung
http://www.welt.de/politik/ausland/article126487768/Nato-und-Ukraine-fuerchten-russische-Invasion.html
Mittags: Meldung
http://www.welt.de/politik/deutschland/article126474162/Nato-General-warnt-vor-russischer-Ukraine-Invasion.html
Abends: Hoch-wissenschaftliche Analyse durch T. Jungholth/C. B. Schiltz
http://www.welt.de/politik/ausland/article126499438/Moskau-hat-alle-Truppen-fuer-Einfall-konzentriert.html
Unseren täglichen Nato-General gebt uns heute,
oh Ihr Springer-Leute:
Morgens, mittags und abends!!!
Leider fürchte ich, daß die Kriegs-Schreiberlinge in Springers WELT noch viel, viel tiefer sinken werden!
Perfide nordkoreanische Zensur bei der ach so freien Springer WELT:
Es gab einen Kommentar, den mehrere hundert Menschen „geliked“ hatten:
Text so ungefähr:
Heute gibt es mal keine Krim-Krise, keine Ukraine-Krise, keine Putin-Krise, keine Rußland-Krise!
Was ist los?
Ich glaube, ich kriege ne Krise!!!!!
Und heute Abend:
„Dieses Thread wurde bereits geschlossen. Kommentieren ist nicht mehr möglich.“
Ja, ja, der Thread wurde von über hundert Kommentaren auf 23 herab-geschlossen!
Toll!!!!!!!!!!!!
Like!
Klaus: Danke für den Tipp. Scheint wirklich ein interessanter Film zu sein, den ich mir auf jeden Fall ansehen werde.
Ein ganz klein wenig erinnert mich die Beschreibung des Zuges an etwas, was ich in der Dokumentation „Das Urteil“ über den Auschwitz-Prozess las: Es gab Züge mit 100 Waggons, gezogen von 4-6 Lokomotiven. Bedrückend.
Nachdem ich mir die Rezension des Hartwig Tegeler erlesen habe, erkenne ich in „Snowpiercer“ weniger eine Dystopie/Endzeitvision als vielmehr eine Parabel auf
das „Hier und Jetzt“.
Was wir gemeinhin für Bewegung/Leben halten, ist in Wahrheit Erstarrung/Lähmung („Wir müssen alle an Bord dieses Zuges des Lebens an dem Platz verharren, der uns zugewiesen wurde“).
Wir geben/legen unsere Lebenszeit in die Hände der „Wilfords“ („Die ewige Ordnung wird uns vorgegeben durch die allmächtige Maschine.“) und der „kleinen Größen“ (Funktionseliten) die gelernt haben, wie man mit geringer Mühe Nutznießer/Begünstigter der Verhältnisse wird, und die aus unserer Mitte kommen.
Manchmal träumen auch wir von Revolution im Sinne von Aufhebung/Umwälzung der bisher als gültig anerkannten Praxis.
Doch weil dies mit Mühe, Mut, Geradlinigkeit und möglichem Verlust des kleinen gewährten Glücks verbunden ist, zögern wir, starren oder blicken verstohlen auf die anderen, ringen uns vielleicht Leserbriefe, Kommentare oder Blogbeiträge ab, die unser Los/unsere Sehnsüchte/Vorstellungen von einem lebenswerten Leben thematisieren/erzählen und Solidarität einfordern.
Ist es aber hienieden nicht die Sehnsucht der meisten Menschen beliebiger Slave zu sein/zu bleiben, statt den aufrechten Gang zu üben („Kennt euren Platz, und bleibt auf eurem Platz.“.)?
Wie leicht sind viele heute bereit, all das, was die Freiheitsdenker, -kämpfer, die Vordenker einer gerechteren Ordnung in der Vergangenheit erdacht, erkämpft und erlitten haben, auf dem Müllhaufen der Geschichte beerdigen zu lassen.
Wir müssen feststellen, dass wir die einen bereitwillig zu unseren Unterdrückern erhoben und die wahrhaft großen Menschen zu Märtyrern (Giordano Bruno, Jesus…) erkoren haben.
Wir lassen es zu, dass sie uns wie Untermenschen behandeln und die Rationen, ebenso wie die verfügbare Zeit, zu- und einteilen.
Die „Wilfords“ dieser Welt und ihre Vasallen führen Kriege oder reden sie auf unserem Rücken herbei, fälschen, lügen und betrügen, opfern Symbolen, und viele von uns stimmen begeistert in deren perfide Logik ein, statt vernehmbar NEIN zu sagen.
Bleiben wir bis zuletzt auf unserem Platz im Zug, oder schaffen es zumindest einige von uns ihre selbstverschuldete Begrenztheit abzustreifen und Kleinheit/-geistigkeit in Größe/Großzügigkeit/geistige Freiheit zu transformieren?
Danke für den Tipp mit der großartigen Tilda Swinton. Die Orlando-Verfilmung mit ihr, ja, das ist ganz großes Kino, durch sie. Auch Orlando ist Fiction, im weitesten Sinne. Fiction, die aber im Unterschied zu „Snowpierce“ eine Vision vom Menschsein transportiert, die Unterschiede zwischen Menschen verschwimmen lässt und dabei ihre ganze ästhetische Kraft entfaltet.
Snowpierce besitzt davon nichts mehr. Keine Vision, keinen zarten Traum, der das Menschsein beschwingt und ihm einen Raum der Sehnsucht, der Bewegung öffnet und Flügel verleiht. Snowpierce lebt davon, ihn, den Menschen mit abgeschnittenen Flügeln zu zeigen, eingeengt in hierarchische Konventionen, zurechtgestutzt. „Kennt euren Platz, und bleibt an eurem Platz!“
Aber ist das wirklich noch pure Dystopie, wie Tegeler (DLF) schreibt? Ist das wirklich ein Schlag in die Magengrube? Und für wen? Wer Unten festhängt, egal ob in Europa, USA, Afrika, Indien, China, Russland – freilich mit je variierender Dramatik – für den ist das kein Schlag in die Magengrube, für den ist die Hoffnungslosigkeit Alltag.
Tegeler schreibt nicht mit meinem Blick auf die Dinge, nicht von Unten, das steht fest. Das sei ihm belassen. Er sieht mit dem Auge der besser Gestellten, wenn er fragt: „Und was ist danach? Nach der Apokalypse?“ – Für die besser Gestellten muss es immer weiter gehen, immer voran und immer höher, so sind sie gestrickt. Tegelers Filminterpretation, seine Fragen, entlarven mehr über die Ursachen der Apokalypse als ihm womöglich bewusst ist.
Ein Kafkazitat, das nur passend wirkt mit einem ganz anderen Blick auf die Dinge: „Was baust du? – Ich will einen Gang graben. Es muß ein Fortschritt geschehn. Zu hoch oben ist mein Standort.“
OT: Fotoblog der getöteten Fotografin Anja Niedringhaus.
Für mich ist jeden Abend Endzeitvision – wenn ich die ‚Tagesschau‘ sehe.
Sorry @ Klaus Baum:
Ich bin leider schon völlig autistisch mit meinem rein persönlichen Projekt „Dokumentation der Ukraine-, Krim-, Russland-, Putin-Krise durch die Qualitätsmedien“ beschäftigt!
Mittlerweile habe ich eine Sehnenscheiden-Entzündung (Maus-Hand) aufgrund meiner fanatisch, masochistischen Aktivitäten…….:(
Die Aktion „Snowpiercer“ konnte ich von daher nur überfliegen!
Wie ich überhaupt die meisten Meldungen außerhalb des Ukraine-Krim-Russland-Putin-Komplexes nur noch am Rande wahr genommen habe.
Das ist sicher ein Fehler!
Aber ich bin nur ein sterblicher Mensch und kann mich nicht völlig zerteilen!
MfG
P.S.:
Meine Sammlung von mittlerweile über 1.100 Artikeln und Kommentaren habe ich zur Auswertung an einen Friedensforscher übergeben!
Ich glaube aber, daß man bei konsequenter Fortsetzung dieser Sammlung erst nach der Europa-Wahl zu einer interessanten Auswertung kommen kann.
Hm, hier fehlt doch jemand!
z.B. K.B.
Hat das beharrliche Schweigen einen tieferen Sinn?
Ein „tieferer Sinn“ kann auch sein, daß es einem gesundheitlich mal nicht so gut geht…
Und fast jeden Tag sich ein neues Thema aus dem Hut zu zaubern, das ist schon sehr, sehr schwer!
MfG
So, ich hab den Film jetzt gesehen. „ACHTUNG SPOILER“ nicht unbedingt weiterlesen wenn man sich den Film noch anschauen möchte.
Wie “ Sledgehammer“ schon eingangs schrieb, handelt es sich um eine Parabel auf
unsere heutige Zeit.
Der Zug stellt unser kapitalistisches System dar, dem jedes Opfer zu bringen ist um ihn am laufen zu halten.
Wilford „Ed Harris“ thront an der Spitze des Zuges und verkörpert den Erschaffer und geistigen Führer des Zuges den er als einzige Alternative für das Überleben der Menschheit sieht.
Diese Maschine, die für ihn ein magisch religiösen Charakter besitzt, die mit der unendlichen Fahrt durch die verschneiten dystopischen Landschaften der untergegangenen Zivilisation quasi als letzte Zuflucht angesehen wird, muss mit allen Mitteln am laufen gehalten werden.
Dazu bedient er sich seines Sprachrohres „Tilda Swinton“, die großartig, wenn auch etwas rudimentär, die passende Propaganda liefert und vehement mit Phrasen wie:“ Ihr seid der Schuh, wir sind der Kopf „, dem Volk am Ende des Zuges dazu nötigt ihr Opfer zu bringen, in diesem Fall ihre Kinder, während sich weiter vorne eine snobistische etwas über karikierte Oberschicht in saus und braus das Leben genießt.
Angeführt von Curtis „Chris Evans“ der zwischendurch immer wieder hilfreiche mysteriöse Botschaften in Form von versteckten Kapseln im Einheitsfraß erhält, der aus einer geleeartigen Masse aus gepressten Ungeziefern besteht, erheben sich die Erniedrigten und leiten eine blutige Revolution ein.
Erst spät begreift Curtis der mit seinen inzwischen stark dezimierten Helden der Revolution in einem sehr blutigem Gemetzel bis ganz nach vorne gedrungen ist, das der Aufstand teil eines perfiden Plans war um das Gleichgewicht der Population des Zuges in der Balance zu halten.
Wilford höchst selbst hatte diesen Aufstand initiiert, den er in Absprache mit Gilliam „John Hurt“ getroffen hatte, obwohl dieser ganz offensichtlich mit zu den Unterdrückten gehörte aber letztlich doch ganz systemimmanent mit Wilford kooperierte um den Aufstand zu initiieren.
Gilliam aber vor allem Wilford hatten sich nämlich Curtis als Nachfolger auserkoren, da sie sich wohl einen zukünftigen starken Anführer an der Spitze wünschten. Wilford war sich bewusst geworden, das in seiner dekadenten und inzwischen verweichlichten Gesellschaft kein geeigneter neuer Anführer auszumachen war.
Doch der Mob war schneller und lässt in einer finalen Explosion den Zug entgleisen.
Diese nicht gerade überraschende Wendung bietet für die wenigen Überlebenden eine neue Chance sich in einer immer noch feindlichen Umwelt neu zu orientieren.
Somit endet der Film mit einem Blick auf einen Eisbären der gemächlich durch diese faszinierende Gletscherlandschaft streift…..
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