gestern, am samstag, den 27. juni 2015, sah ich den ausschnitt eines fernsehinterviews. ein europa-abgeordneter durfte statements abgeben. eines davon lautete: die griechische regierung mit tsipras und varoufakis sei radikal. ich habe daraufhin den feuerlöscher vom dachboden geholt und bin jetzt bestens gewappnet gegen die rote gefahr aus südeuropa.
im ernst: wenn die stiefellecker des kapitals begriffe verwenden, dann bleiben diese inhaltsleer. sie geben sich noch nicht einmal die mühe, ihr abschreckungsvokabular zu definieren, es zumindest mit einer kleinen prise an definitionen zu füllen. nicht ein definitiönchen. nicht ein salzkörnchen.
mein kopf hingegen fing an zu arbeiten und fand zwei merkmale von radikalität. der radikale ist stets ein fundamentalist, er ist von der absoluten richtigkeit seiner ansichten überzeugt, ja, es sind gar keine ansichten, denn der radikale empfängt seine erleuchtungen direkt von gott.
und weil die weisheit des wirtschaftsradikalen absolut ist, erlaubt sie auch keine alternativen, sie ist alternativlos.
für den wirtschaftsradikalen besteht die wirtschaft aber nicht aus dem handwerksbetrieb oder aus den vielen „kleinen“ wirtschaftssubjekten, sondern aus den großen konzernen und banken usw. usw.
nicht die griechische regierung ist radikal, sondern die neoliberalen scharfmacher sind es. sie lassen außer ihrer ideologie nichts anderes gelten. neoliberalismus, der keine alternativen zulässt, ist terrorismus.

ps.: radikal sind die, die eine demokratisch gewählte regierung radikal nennen, ohne zu begründen und ohne zu erläutern, was sie unter radikal verstehen. wären sie an einer begrifflichen klärung interessiert, müssten sie zu der erkenntnis gelangen, dass sie selbst die radikalen sind. aber das wird niemals geschehen, denn zur selbsterkenntnis ist der radikale per definitionem nicht fähig.