… auf politisch orientierten Blogs.
Es ist nur ein Gedanke, den ich festhalten möchte. Ich habe heute mit einem Freund einen Blog eingerichtet, der sich im Header auf Franz Kafka bezieht. Es geht um eine Szene im Prozessroman. Josef K., der Protagonist, kommt an einem Zimmer vorbei, in dem jemand verprügelt wird. Es kommt zu einem Gespräch mit dem Prügler. K. fragt ihn, warum er das tut, und jener antwortet: „Ich bin zum Prügeln angestellt, also prügele ich.“
Für mich ist dieser Satz von außerordentlicher politischer Bedeutung, denn er charakterisiert einen menschlichen Typus, den man als den ewigen Mitläufer bezeichnen könnte. Nur ein Beispiel: Die Regierung befiehlt, was das Parlament zuvor beschlossen hat: Sanktioniert die Arbeitslosen!
Und Tausende von Arbeits-Amts-Mitarbeitern sanktionieren die Arbeitslosen.
Ich bin zum Sanktionieren angestellt, also sanktioniere ich.
Wird fortgesetzt …..
Klaus, wie kommst Du denn auf das äußerst schmale Brett, in politisch orientierten Blogs gebe es zu wenig Kunst und Literatur? Nach meiner Wahrnehmung gilt das eher für „unpolitische“ Blogs.
Zu Kafka und Deiner Interpretation der erwähnten Textstelle wäre eine Menge zu sagen – ich halte mich aber besser zurück, da ich davon ausgehe, dass literaturwissenschaftliche Feinheiten hier eher gähnende Langeweile oder sogar Häme auslösen könnten. 😉
Liebe Grüße!
Leider verkommt die Politik in Zeiten des Postkapitalismus immer mehr zum technokratischen Ungetüm. Und dieser Vorwurf trifft nicht nur die etablierten Parteien sondern auch die Opposition.
„Wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen“
Dieses Zitat von Helmut Schmidt sollte über dem Bundestag eingemeißelt werden. Das wäre wenigstens ehrlich.
Mehr Kreativität. Mehr Empathie. Mehr Kunst und Philosophie.
Rein damit in die politischen Blogs! Irgend wann kommt das vielleicht auch in den technokratischen Ideologiefabriken genannt „Parteien“ an. Man darf ja ruhig mal träumen. 😉
Naja, ein Teil der unpolitischen blogs sind Kunstblogs. Weshalb man fairerweise auch von der Abwesenheit von Politik auf Kunstblogs sprechen könnte. Das erfasst es meiner Ansicht aber nicht ganz. Es gibt durchaus eine Beschäftigung mit Kunst auf „einigen“ Politblogs, die empfinde ich aber eher traditionell bis mitunter auch schwer klischeeisiert. Was nicht schlimm sein muss. Ich würde die Überschrift selber wahrscheinlich mehr in der Form gestalten; Über die Abwesenheit von gerade aktueller Kunst und Literatur, wie auch ihrer Umstände auf Politblogs. Da sehe ich nur extrem wenige Ausnahmen, wobei dies eigentlich die Brücke zwischen Polit- und Künstlerseelen zur auch aktuellen Situation wäre. Die übersensiblen Literaturkritiker dürfen sich aber ruhig mal ein wenig weniger auf die Feinheiten ihres internen Kritikerverhalten konzentrieren, denn die Brücke die Klaus da schlägt, würde eigentlich alle mitnehmen. Also, ich find’s eine schwer gute Idee.
Lieber Klaus,
da möchte ich mich den vorrednern anschließen und mit Charlie fragen, wie Du auf dieses schmale brett kommst. als es noch mein altes blögchen gab, war dieses ja auch gerade kunst und literatur gewidmet und u.a gab es dort einen Andreas Klausmann und einen Christian Klotz, die sehr sachkundig etwas zur ‚kultur‘ beigetragen haben. Christian sogar noch mit einem eigenen blog. solltest Du das schon vergessen haben? g
es waren auch stets ‚literarisch wertvolle‘ blogs bei uns verlinkt, wie bspw. Robertos „ad sinistram“ http://ad-sinistram.blogspot.de/
alsooo … 😀
schönes WE Dir und erinnere Dich mal 🙂
Frank
@ Elmar („eb“):
„Politik ist Kunst“. Oder wie war das? g künstler leben doch immer auch in ihrer zeit und interpretieren sie. als ich weiland 2011 am „Bloggerkongress“ zu Köln teilnehmen durfte, war der vor allem auch von und mit künstlern gestaltet, was nicht zuletzt Ulrike, Jürgen und Ingo zu danken war. es war eben keine „re: publica“, sondern ein kleines, ‚fachübergreifendes‘ treffen, das leider SO nie wieder stattfand.
aber wem erzähle ich das? DU warst ja auch ‚geladen‘, hattest aber leider grippe ;-(
LG
Frank
Es kommt auch etwas darauf an wie weit du den Kunstbegriff fassen magst. Ich persönlich empfinde ja meine gelegentlichen Kurzbesprechungen von Computerspielen und TV-Serien etc. auch als kleinen Beitrag zur Förderung der schönen Künste (mal mehr mal weniger, aber immerhin ;-)) Aber mehr Kunst kann nie schaden, also viel Erfolg mit dem neuen Projekt. Btw, wieso hast du es nicht gleich verlinkt? noch nicht ganz spruchreif oder vergessen?
noch nicht ganz spruchreif
Hehe. Zumindest melden sich jetzt alle politischen Blogger und sagen: „Hey, ich mach doch Kunst und Literatur!“ 😉
Ich glaube zu verstehen, was Klaus meint. Und würde auch denken, es ist so, wie Wolf geschrieben hat: „Mehr Kreativität. Mehr Empathie.“ Ich vermute, viele poltiischen Blogger, mir geht es da zumindest so, haben die Erfahrung gemacht, dass kreative, eher unorthodoxe, experimentelle Artikel/Texte/Fragmente/Gedichte mehr Zeit beanspruchen und gleichzeitig auf weniger Resonanz treffen. Das mag ein Grund sein, warum man sich dem weniger widmet.
Dennoch sollten wir es mehr tun, um nicht im „dagegen“ stehen zu bleiben, sondern eigenes zu „erschaffen“.
ich muss gestehen, meine äußerung wurde evoziert durch den abschied von wolfgang lieb. dieser hat sich von den nachdenkseiten getrennt.
ich habe, als die nachdenkseiten in die öffentlichkeit traten, mal angemahnt, sie wären zu einseitig auf politische ereignisse fixiert, kritik an der gegenwart in der litertatur sei bei ihnen fehlanzeige. albrecht müller antwortete mir damals, man sei dazu nicht kompetent, habe zu wenig kenntnisse von literatur und kunst usw.
getan hat sich aber bei den nachdenkseiten in der hinsicht so gut wie nichts. ein bisschen wecker , das ist alles.
die nachdenkseiten haben kein feuilleton.
ihre einseitige ausrichtung auf wirtschaft, auf politik war der auslöser für meine gestrige spätabends gemachte äußerung über die absenz von literatur und kunst in – und da habe ich unerlaubterweise generalisiert – den politisch orientierten blogs.
wird fortgesetzt…..
@Epikur
Wolf hat es überhaupt am besten beschrieben 🙂
Wie heißt denn der neue Blog, den Du mit Deinem Freund einrichtest, genau? Fand nur etwas von Schülern für Schüler…
Hätten die Nachdenkseiten noch einen Kulturteil, wären sie doch sehr umfangreich. Das Internet macht es möglich, selbst in den Bereichen herum zustromern, die einen packen. Außer Film,Theater, Musik, Bildende Kunst,Tanz, Philosophie und Psychologie fallen mir noch Kochen, Backen, Reisen & Wandern ein 😀 Man wird nich fertig. Und die Entspannungstechniken 😀 – das sind schließlich auch alles Kulturtechniken…
Als diese „Schule“ durchlaufen Habender: Das Problem fängt schon damit an, dass den kleinen Beamten oder Verwaltungsangestellten durch die (technokratisch-juristische) Art und Weise, wie man sie „ausbildet“ (= formt, konditioniert, dressiert, abrichtet…) das eigene Bewusstsein als Mensch / Bürger nimmt. Wenn sich denn eines während der Jugend / Schulzeit überhaupt entwickelt hat. Ein bereits Entwickeltes ist nur hinderlich und wird aussortiert. Man trennt die Person von ihrer Aufgabe, man wird einzig und allein darauf getrimmt, „Recht und Gesetz“ anzuwenden. Lebenssachverhalte auf Paragrafen zu subsumieren. Wie ein Roboter. Woher dieses Recht kommt und was es bezweckt – ist zu fragen nicht die Aufgabe desjenigen. Auf dem Tisch eines jedes Studierenden stehen meist drei dicke „Bibeln“ vom Beck-Verlag. Da steht alles drin. Andere über seiner Gehaltsstufe haben sich da schon den Kopf um den undenkbarensten Mist gemacht – und daher ist alles richtig. Ob das, was ich da tue mit dem Grundgesetz kollidiert? „Nicht meine Gehaltsstufe“… Dabei sind auch Staatsdiener permanent selbst betroffen – so z. B. auch die, die nach der „Steuerbeamtenausbildungsverordnung“ studiert haben. Die war bei uns schlicht auch gar kein Thema. Die hat der liebe Gott in Stein gemeißelt – und anders könne es niemals sein…! Oder die vom Polizisten angehalten weren. Oder mit dem Schuldirektor wegen der Brut streiten. Oder dem Typen vom Bauamt, der den Balkon nicht genehmigen will… Aber: Der Dienstherr (als Vertreter des Volkes) überweist jeden Monat die Kohle – und schreibt „Beurteilungen“, die für die Karriere wichtig sind. Also tut man (wie sonst auch überall bei abhängig Beschäftigten), was der Chef befiehlt! Beamte und Verwaltungangestellte leiden daher in meinen Augen an einer Form „kollektiver Schizophrenie“. Ohne hochgradig-kognitive Dissonanzen schlicht nicht erklärbar.
Exemplarisch war der Besuch beim Finanzgericht. In der Nachbetrachtung redete der Dozent von Fällen, die „wir“ gewonnen (oder verloren) hätten. Wer ist da denn eigentlich „wir“? Wir als Beamte – oder wir als Steuerpflichtige, die nach den gleichen Steuergesetzen veranlagt werden…?
Und nun was Kunst und Kultur betrifft (wenn meine bescheidene Meinung als Banause genehm ist) – warum muss man dem unbedingt beides vermengen und lässt nicht jeden einfach nach seinen Stärken „herumpolitisieren“? Das liegt halt oft auch daran, dass man eben für das andere wenig Zeit hat, wenn man eher naturwissenschaftlich oder ökonomisch geschult wurde. Wenn hier und da mal ein Verweis aus Literatur kommt (wie ihn grade A. Müller gerne mit seinem bekannten Orwell-Zitat zu Lüge und Wahrheit bringt – reicht doch?! Ist doch schön.
Was bringen da regelm. viele (fachfremde) – meinetwegen gekonnte – Verweise, die auch nicht jeder versteht, weil er eben nicht alle Klassiker der Weltliteratur gelesen hat oder auch keinen besonderen Bezug zur „Kunst“ (was immer das auch sein soll…) hat.
Eigentlich wurden doch alle bedeutenden Fragen schon vor Jahrhunderten von vielen Leuten gestellt und teils auch beantwortet. Hier und da ein Verweis auf nen alten Schinken zeigt doch bestenfalls nur, dass die Problematik im Kern gleich bleibt – und sich erschreckend wenig ändert – und wenn, heute meist nur noch zum Schrecklicheren…
Sicher gibt es eine massive Entwertung der gesellschaftlichen Bedeutung von Kultur, Literatur und Philosophie im neoliberalen Kapitalismus. Es handelt sich um eine Art Ökonomismus, der jede andere Art des Denkens als sinnlose Spinnerei denunziert. Über diesen Zusammenhang gibt es ein exzellentes Buch: Tony Judt, Das vergessene 20. Jahrhundert.
Da hatte ich mir im frühjahr den 100. todestag eines, ich bleibe mal beim dichter, eines dichters also, notiert, um hier bei passender gelegenheit an ihn zu erinnern. Ich habe es vergessen, um heute durch diesen beitrag daran erinnert zu werden. Doch zunächst kunst, literatur und politische blogs betreffend ein zitat von Nicolas Born unter dem titel „(Autobiographie)“ abgedruckt in „Die Welt der Maschine“:
„Ich finde dagegen, daß der Schriftsteller seine Phantasie benutzen soll, um Träume, Visionen und Wünsche zu artikulieren, daß er eine mögliche oder sogar unmögliche Gegenrealität entwerfen soll, damit unsere einzige, die Realität transparent wird, gemessen werden kann am Besten. Das Mögliche muß sich im Trommelfeuer der Medien erst wieder einführen und revoltieren gegen das abgekartete Spiel der Fakten.
Als Kinder hatten wir einen radikalen und absoluten Anspruch an die Welt: den Anspruch auf Glück, Unsterblichkeit. Dieser Anspruch muß wieder eingeführt werden. Erst dann werden wir uns voll bewußt, was wir alles entbehren und um was wir alles betrogen sind.“
Und damit zum zu erinnernden „antikapitalistischen trinker“ Paul Scheerbart, dessen todestag sich am 15. oktober 2015 zum 100. mal jährte, mit dem ich während meines studiums ‘bekannt’ wurde und den ich ab und an ganz gern einmal zitiere, auch im ‘wirklichen’ leben und jetzt noch einmal hier::
„Die Erde ist wie ein verhauenes Kunstwerk, in dem die Verhältnisse der einzelnen Teile nicht die richtigen sind. Die Disharmonie scheint von der Erde garnicht mehr ablösbar zu sein.“ (Die Seeschlange)
„Die einzige Rettung ist es, die Phantasie zu suchen.“ (Das Perpetuum Mobile)
Und da der gute Paulemann auch schon mal ein politisch-plakativ dichtender war ;-), folgt hier nachträglich zum „columbus-day“ sein „Indianerlied“, das, naja, an den erobernd, raubend, plündernd und mordend den erdball heimsuchenden europäer erinnert, der sich heutzutage, wo er doch nur noch helfend (hoho) und touristisch land und leute kennenlernen wollend (hahaha) um den globus zieht, wundert, dass ihn die verbrechen der vergangenheit, die der gegenwart nimmt er ja garnicht erst wahr, in seiner zur festung ausgebauten bzw. auszubauenden „heimat“ einholen. Sowas aber auch.
Und dazu dann abschließend aus einem zeitungsartikel von Kathrin Röggla, Neulich bei Vampiren (2007):
„Geister, Vampire, denke ich mir. Und werde … von dem Historiker Valentin Gröbner unterbrochen, der mich darauf hinweist, dass die mythische Figur des Pishteco in Lateinamerika seit dem 16. Jahrhundert existiert und einen vampirhaften Dämon mit den Attributen der Kolonialherren, der Techniker und Mediziner bezeichnet. Ein Dämon, der kleine Kinder raubt, Indios tötet oder ihnen Körperteile entwendet. Diese Figur des Pishteco, so erzählt er, ist Teil jener „protest narratives“, die in den 1990er-Jahren wieder erheblich zugenommen haben. Lynchmorde in Guatemala an Touristen, die als Pishtecos verdächtigt werden, finden wieder statt.“
@dennis82
warum muss man dem unbedingt beides vermengen und lässt nicht jeden einfach nach seinen Stärken “herumpolitisieren”?
Weil Kunst als überhaupt nicht diskutierte fünfte Macht (nicht Gewalt) den Mainstream zwar subtil aber letztendlich als Vorbild manifestiert. (Fernsehen, Serien, Filme, Musik etc..) Hier gilt der böse Spruch, ohne den Film easy rider gäbe es niemals einen Harley-Kult und auch die Moped-Lenker wären normaler. 🙂 Dies war aber noch zu Zeiten, wo Kunst die Gesellschaft mit gestaltete. Die Gretchenfrage ob Kunst eine Gesellschaft mit gestaltet oder lediglich nur noch ihr Schmuckstück ist, wird an einigen Stellen mittlerweile und glücklicherweise wieder diskutiert. Der Punkt ist, dass Kunst in ihrer Gesamtheit speziell in den letzten fünfzehn Jahren auffällig bis sogar extrem eingeschlafen ist und sich auch fast komplett entpolitisiert hat. Sie kreiert nicht mehr, sondern übernimmt nur noch den Transfer eines Mainstreamvokabulars und verfestigt ihn dadurch beim jeweiligen Empfänger. Das hat auch viel damit zu tun, dass Künstler es nicht schaffen, schon aus vielen Existenzgründen heraus, den eigenen Kunstmarkt in Frage zu stellen bzw. ihn sinnvoller um zu gestalten, während speziell die größten Schmuckstücke dieser Gesellschaft (Gerhard Richter z.B. viele Musiker bis zum Schlag-mich-ich-bin-der-Superstar) sich komplett politisch wie gesellschaftlich derangiert haben und außer dem eigenen möglichen Erfolg gar nichts mehr reflektieren. Der typische Zeitgeist also. Und solange dies so ist, steht linke Politik ohne kulturelles Sprachrohr alleine da und wird nichts, aber auch gar nichts bewirken.
@eb: Die Kunst hat sich doch mind. genauso entpolitisiert wie die große Masse der Bevölkerung. Das ist ein Trend, der alle Bereiche erfasst. Ansonsten gäbe es auch nicht so ein vollkommen unpolitisches Wesen wie Merkel als Kanzlerin – die verkörpert nämlich die Mehrheit der Bürger in diesem Lande, die sich für Politik nicht im Geringsten interessieren.
Ansonsten auch für mich auch eine Henne-Ei-Problematik. Als etwas jüngerer Spund hier verfolge ich ja auch die modernere Form grade der filmisch-dramaturgischen Kunst in Form von Serien und Filmen. Ich finde, dass es da durchaus viele kritische Ansichten und Darstellungen gesellschaftlicher Probleme gibt. Man mag die USA in popkultureller Sicht verdammen – aber grade dort werden viele Filme und Serien gedreht, die mit ihrer deutlicher oder versteckteren, oft philosophischen Gesellschaftskritik politisch so gar nicht in den mainstream passen… Grade was Dystopien über totalitäre Systeme betrifft, mangelt es ja grade nicht. Nur versteht der Konsument die Botschaft wohl nicht so recht…
Du sprichst den „Kunstmarkt“ an – und genau da liegt doch das eigentliche Problem. Wenn etwas wie die Kunst marktwirtschaftlichen Zwängen unterworfen wird. Wenn es nicht reicht, ein guter Künstler zu sein – sondern man mindestens genauso ein guter Verkäufer sein muss. Ich als sehr naiver Knipser / Fotograf hatte auch gemeint, man könne mit guten Fotos auch Kohle machen und so irgendwann vielleicht auch zum „Künstler“ werden. Da hatte ich schnell meine Erfahrungen gemacht; wie grade im lokalen Bereich alle ihre „Marktanteile“ mit äußerst fragwürdigen Methoden mit Zähnen und Klaufen verteidigen. Da herrscht der pure Darwin. So wird einem dann auch schnell bewusst, wie privilegiert da eigentlich jene sind, die es „geschafft“ haben, diesen offiziellen „Status“ Künstler überhaupt zu erreichen – und als solcher akzeptiert werden. Die Frage lautet auch in dem Bereich auch wie eh und je, zu was man am Ende bereit ist, sich und seine Werke zu verkaufen…
So lange die „Kunst“ (und somit die Künstler) nicht von diesem (ökonomischen) Zwang und dieser Mechanik frei ist, kann sie auch nur sehr begrenzt Einfluss auf politische Entwicklungen nehmen. Da gilt doch am Ende ähnlich wie bei den (angeblich ja auch „freien“) Journalisten: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“…
Was die ursprüngliche Botschaft von Klaus betrifft, bleibe ich dabei: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Schreibt dann jemand, der nicht so im „Föhjetong“ heimisch ist mal etwas, wird es evtl. von den „Kennern“ sehr schnell zerrissen und einem mangelhafte Bildung vorgeworfen. Eignet sich ja gut zum abgrenzen. Für mich ist sowas überflüssig. Wer in nem Blog was zu Kunst und Kultur (und den aktuellen Bezügen) lesen will – soll eben solche Blogs lesen. Und sich nicht drüber beschweren, dass in Ökonomenblogs wie den Nachdenkseiten keine Bücherecke zu finden ist… 😉
@dennis82
Wird dir niemand widersprechen und im Grund sagst du das Gleiche wie ich, – aber irgendwo muss man anfangen und da macht es Sinn, dies bei denen zu versuchen, welche eben nicht nur eine Empfänger, sondern auch eine Sendequalität besitzen.(könnten 🙂
Und, – naja, – wenn du sagst „Schuster bleib bei deinen Leisten“, sagst du damit auch, dass die Politik ein Beruf ist, und deshalb nicht alle betrifft. Find ich nicht gut.
aaalso … DAS nenne ich mal eine „Diskussion“ 😀 das macht doch laune! und Klaus‘ blog scheint mir auch gerade richtig, über den zusammenhang von politik und kunst zu sprechen. (bei Hartmut ‚drüben‘ wäre es wohl ebenfalls passend und ‚geduldet‘).
mal kurz zusammenfassend:
@ Klaus: Du hast ein heißes eisen angefasst 😉 ist bei DIr ja nix neues 😛 meinen teil zu meinen intentionen habe ich ja oft und breit genug geäußert – „nuff said“.
@ „Leselotte“: wie so oft gehe ich mit Dir d’accord, aaaber … den NDS ein wenig ‚Kultur‘ beizubringen habe ich aufgegeben. so wie meinen einstigen „Padawan“, den Jens. dessenstatt wird es hoffentlich zum neuen jahr ein neues (internet-)“Journal“ geben – gerne eben auch mit Wolfgang Lieb – so er sich weiter unentgeltlich so engagieren mag. da laufen ja schon gespräche …
@ Dennis82: nö! wer sagt Dir, daß sich die künstler entpolitisiert haben? da kenne ich genug gegenbeispiele und gerade auch das „Zentrum für politische Schönheit“ zeigt, daß der weg vom ’selbstbezogenen‘ künstler zum politischen menschen kein weiter ist 😉
@ Epikur/Markus: ich hoffe doch, Du hast nicht MICH angesprochen 😛 ? aber natürlich war da stets was – „Kultur“, die ich bei Dir, Klaus und vielen anderen fand. wäre es anders gewesen, hätte ich viel früher aufgegeben.
@ all: wir sind wohl „Scheiß-Bildungsbürger“, aber das halte ich für so schlecht nicht! immerhin wissen wir dadurch doch, wofür und für wen wir uns einsetzen 🙂
so – meine zwei Cent zum Sonntag beigesteuert und Euch einen schönen solchen 🙂
Frank
In Zeiten, in denen Kunst und Kultur zerfällt, zerfallen auch die Sitten. Ich habe 6 Jahre am Niederrhein mit Künstlern zusammengelebt und meine Lebensgefährtin hatte sich mit Leib und Seele der Malerei gewidmet. Auch meine Frau, die heute vor 21 Jahren an einer Krebserkrankung verstarb, hat in ihren letzten Lebensjahren auf Seide gemalt. All diese künstlerischen Werke geben mir ein Gefühl von Sinn und ewiger Verbundenheit.
Wir sollten, uns an die Barbarei von 1933-45, besonders hier in Deutschland erinnern, als Künstler und Kulturschaffende, ausgegrenzt, vertrieben, verfolgt und vernichtet worden sind. Für viele endete diese Zeit im Mord oder Selbstmord. – Kurt Tucholsky und Stefan Zweig haben, nachdem sie ins Exil gegangen waren, ihrem Leben ein Ende gesetzt. Sie haben den Zerfall der Kultur in ihrer Heimat nicht mehr ertragen können.
In allen vorgehenden Kommentaren, besonders in dem von Dennis, ist das, was ich auch zum Ausdruck bringen wollte, schon geschrieben worden. Meine Gedanken waren vergleichbar. Durch meine Befindlichkeit
fällt es mir jedoch zur Zeit ein wenig schwer mich zu konzentrieren und meine Gedanken in eine flüssige Sprache zu transformieren.
Einen schönen Sonntag mit LG wünscht Euch
Hartmut
@dennis, diese trennung von kunst und politik, die du vorschlägst, kann ich nicht akzeptieren, zumal die abwesenheit von kunst und literatur auf den nachdenkseiten wesentlich auf einen mangel bei albrecht müller zurückzuführen ist.
für mich ist es hilfreich, auch von seiten der künstler und literaten kritik an der gesellschaftlichen entwicklung zu erfahren.
@ Hartmut: diese Barbarei kann man ja nicht vergessen und dummerweise bin ich „ein erbe“ all dieses schreckens. mit diesem Kainsmal lebe ich hier und bald hoffentlich in der „Neuen Welt“. die schuld aber – auch wenn es nicht meine war – werde ich nie los.
frank, willst du auswandern? hat eb sich bei dir gemeldet?
Frank,
aus welchen Quellen speist sich Dein Schuldverständnis das keine Sühne kennt?
bg
Frank,
aus welchen Quellen speist sich Dein Schuldverständnis das weder Sühne noch Vergebung kennt?
bg
Auf die Antwort bin ich gespannt——- 🙂
Hallo Frank,
obwohl ich selbst nicht schuldig geworden bin, so bin ich auch nicht entlastet von der Schuld meiner Eltern und Grosseltern. Was ich erst sehr spät erfahren habe, dass es in meiner Geburtsstadt Hannover reichlich Konzentratsionslager und Fremdzwangsarbeiter für die Rüstungsschmieden des deutschen Reiches gegeben hat.
Was ich ihnen vorwerfe ist, dass sie von alledem nichts gewusst haben wollen. Ihr Schweigen über diese Zeit, war das Schweigen über ihre Schuld. Damit haben sie sich selbst einen Freispruch erteilt, den Freispruch darüber, dass man für kollektive Schuld auch die kollektive Verantwortung übernehmen muss.
Es ist sicherlich interessant zwischen Faschismus und Volksgemeinschaft zu unterscheiden. Das deutsche Reich war eine Volksgemeinschaft, welche sich auch nicht umsonst national und sozialistisch genannt hat.
In einer Volksgemeinschaft herrscht das Volk über sich selbst. Es wird in seinen Interessen gleichgeschaltet. Im Mythos der Arbeit, der Ideologie von Familie und Kindergeburten, von Reinheit der eigenen Rasse etc..
So war es in der Volksgemeinschaft üblich, dass sich Frauen vor ihrer Heirat bei einem Arzt untersuchen lassen mussten, dass sie also tauglich sind deutschen Nachwuchs nach dem deutschen Reinheitsgebot zu gebären. So gab es auch eine Empfehlung für Frauen sich von einem geigneten deutschen Landser befruchten zu lassen, die erst drei Kinder geboren hatten.
Faschismus ist da relativ einfach zu fassen: Der Faschismus stützt sich auf den starken Staat. Bekämpft seine Feinde, die den Staat in seiner Substanz zersetzen wollen, braucht aber nicht die Elemente einer Volksgemeinschaft. Der italienische Faschismus hat mit seine jüdischen Bürgern ohne Probleme leben können, die deutsche Volksgemeinschaft eben nicht.
@ Klaus Baum
Ich bekomme den Zusammenhang von Kunst und Kultur mit dem Verweis auf Kafka und den Mitläufern in unserer Gesellschaft nicht so leicht zusammen. Ist das, was Kultur genannt wird nicht das, was das gesamte gesellschaftliche Leben einschliesst? Oder wird Kultur von einer höheren Warte aus betrachtet, welche die Niederungen der menschlichen Kultur als fehlgeleitet interpretiert; Und war Kunst nicht zu allen Zeiten bereits das, was man heute so gerne als Sponsoring betrachtet.
So leid es mir tut: Kunst ist unserer marktorientierten Gesellschaft ein Marktprodukt. Für mich hat Kunst zunächst etwas mit persönlicher Entäusserung zu tun. Eine Bedürfnis sich selbst zu befriedigen ohne den Anschluss an die Gesellschaft finden zu wollen. Was darüber hinaus geht, kann dem Markt nicht entrinnen.
Vielleicht liege ich damit ganz falsch? Habe damit so meine eigenen Erfahrungen gemacht.
troptard, antworte morgen
Guten Morgen beisammen!
@ Klaus: Hat er 🙂 und: mich ziehts schon eine weile nach Lateinamerika – dort soll es ja noch Sozialisten geben …
@ Sledgehammer: Zunächst mal sehe ich das ganz ähnlich wie Troptard. Dazu kommt, daß ich ja mit einem „Top Ranking Nazi“ verwandt war, ich also als angehöriger eines der täter direkten ‚familiären bezug‘ habe. ich hoffe, ich muß das hier dann nun aber nicht ausbreiten.
@eb: Was aber nützt es dem kritischsten und künstlerischsten Geist, wenn er nicht auf der gleichen Frequenz sendet, um von den entscheidenden Personen (die das Prädikat „Kunst / Künstler“ vergeben) – oder gar der Masse empfangen werden zu können…!? Und jeder halbwegs kritische Mensch hat bereits „irgendwo mal angefangen“…! Die Frage sollte doch lauten, warum er überwiegend alleine ist – und damit nicht durchdringt…!?
@F. Benedikt: Deshalb schrieb ich in (proportionalem) Bezug zur Bevölkerung „mind.“ 😉 – sicher, ein paar gibt es immer, die es irgendwie schaffen. Den anderen (und deren „Werken“) verleiht man für den Rest ihres Lebens nicht ein einziges Mal ein Ohr oder auch nur einen Blick… Wer es geschafft hat, als „Künstler“ zu gelten, hat bereits gewaltige Hürden übersprungen – und sich so auch gegen „Konkurrenz“ durchgesetzt. Jeder ist seines Glückes…! Da herrscht glaube ich schon ein etwas romantisch-verklärter Blick über die (marktkonforme) Kunst unserer Zeit… wer entscheidet denn darüber, ob etwas „Kunst“ ist – und was nicht…!?
Eine Breitseite kann ich mir hier an der Stelle aber dann auch nicht verkneifen – hier wird ja regelm. von ziemlich weit oben herab das Kabarett als gesellschaftskritische Kunstform(!) kritisiert, gar als systemerhaltendes Hofnarrentum bezichtigt… Aber dann vermisst man diese Elemente wieder an ganz anderen Stellen…? Kommt mir alles etwas beliebig vor – um’s mal vornehm auszudrücken…! Welche Form wäre denn genehm, um die Glaubwürdigkeit der Kritiker zu erhaschen…!?
@Klaus: Das habe ich auch nicht geschrieben. Ich sehe da auch überhaupt keine scharfe Trennlinie. Ob etwas politische Bedeutung erlangt, liegt auch wie bei der Kunst auch im Auge des Betrachters. Für mich ist es einfach unwichtig, ob z. B. ein Ökonom seine analytischen Texte mit gelegentlichen Reminiszenzen an Klassiker der Literatur oder Kunst aufhübscht – oder eben nicht. Jeder geht den Berg an Problemen von der Seite an, die ihm am zielführendsten erscheint und für die er die geeigneten Mittel hat. Ich persönlich (als „bildungsfernes Unterschichtenkind“) kann mit Verweisen auf klassische Kunst z. B. meist auch nix anfangen…
„… ich möchte eine Hülle wegreißen und etwas zeigen, was die Leser nie gesehen haben.“
Kunst und literatur und 101. geburtstag und es ist nie zu spät für Dylan Thomas, geboren am 27.10.1914 in Swansea und gestorben am 09.11.1953 in New York und zu den gedichten von Günter Eich und W.H. Auden vom 13.10. in deinem blog, passt zum herbst auch dieses gedicht von Dylan Thomas:
Do Not Go Gentle Into That Good Night (zum anhören von Thomas vorgetragen)
Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.
Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.
Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.
Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.
Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.
Das zweite gleich hinterher, die folgenden zeilen
Though lovers be lost love shall not; And death shall have no dominion.
führen zum zweiten gedicht, „Death Shall Have No Dominion“ (incl. komplettem text), hier belasse ich es des ‚verstehens‘ wegen bei der übersetzung des nicht ‚leicht‘ zu übersetzenden von Erich Fried – man „muss“ es, von Thomas gelesen, hören:
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Die nackten Toten die sollen eins
Mit dem Mann im Wind und im Westmond sein;
Blankbeinig und bar des blanken Gebeins
Ruht ihr Arm und ihr Fuß auf Sternenlicht.
Wenn sie irr werden solln sie die Wahrheit sehn,
Wenn sie sinken ins Meer solln sie auferstehn.
Wenn die Liebenden fallen – die Liebe fällt nicht;
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Die da liegen in Wassergewinden im Meer
Sollen nicht sterben windig und leer;
Nicht brechen die die ans Rad man flicht,
Die sich winden in Foltern, deren Sehnen man zerrt:
Ob der Glaube auch splittert in ihrer Hand
Und ob sie das Einhorn des Bösen durchrennt,
Aller Enden zerspellt, sie zerreißen nicht;
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Keine Möwe mehr darf ins Ohr ihnen schrein
Keine Woge laut an der Küste versprühn;
Wo Blumen blühten darf sich keine mehr regen
Und heben den Kopf zu des Regens Schlägen;
Doch ob sie auch toll sind und tot wie Stein,
Ihr Kopf wird der blühende Steinbrech sein,
Der bricht auf in der Sonne bis die Sonne zerbricht,
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
Und für die, die mögen, zwei links auf dokus zu Dylan Thomas:
deutsch: Dichter mit Treibstoff Alkohol
englisch: Biography
Wie ich auf ihn gestoßen bin, warum ich ihn mag? – Zufall, es gab eine zeit, da hörte ich mehr radio und es war eine sendung zum 60. geburtstag oder 20. todestag und da war diese aus dem eigenen „werk“ vortragende stimme, diese stimme, dieser klang – am nächsten tag ging’s nach der schule ab in die buchhandlung und das taschengeld verringerte sich um den betrag für eine dtv-ausgabe von Dylan Thomas, Unter dem Milchwald/Ganz früh eines morgens/Blick aufs Meer. Unter dem Milchwald – sollte ich mal wieder lesen – oder hören.
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