Gesichter des Krieges
von Joachim Pohl
Was ist, wenn Länder sich befehden, Politiker nicht mehr miteinander
reden
und führen ihre Völker in den Untergang?
Was ist, wenn Kugeln das unschuldige Lachen zerfetzen, Soldaten an
Leib
und Seele schwer verletzen, dass nur die Nacht die Not der Krüppel
leise
verbirgt?
Was ist, wenn Mütter um ihre toten Söhne weinen und die Herrscher in
ihrem
Hass aufeinander sich vereinen, wenn nur noch der nackte Wille zur
Macht
obsiegt?
Was ist mit all den Zivilisten, mit Greisen, Frauen, Kindern,
Nonkonformisten,
wenn die Heiligkeit des Lebens nicht mehr zählt?
Was ist mit all den Generälen, die das grausame Schicksal ihrer
Soldaten wählen,
so dass sie geopfert werden in blutigem Sandkastenspiel?
Was ist mit den eiskalten Machthabern und ihrem ewigen
Propagandagelaber, wenn
in jedem ihrer Worte der Abgrund steckt?
Was ist, wenn die Ausgebluteten sich endlich nach Frieden sehnen,
zwischen
Ruinen müde an geschundenen Wänden lehnen, wird dann schließlich
Ruhe sein nach
all den Opfern?
In Anbetracht der täglichen Wahnsinnsmeldungen sei es angebracht über dem Mensch als „Krone der Schöpfung“ nachzudenken. Vielleicht hat er sich als ultimativen Pfusch der Götter insgeheim erkannt und sehnt sich nach Erlösung durch seinen selbstbestimmten Untergang.
„Die Apokalypse steht ins Haus. Wir Untiere wissen es längst, und wir wissen es alle. Hinter dem Parteiengezänk, den Auf- und Abrüstungsdebatten, den Militärparaden und Anti-Kriegsmärschen, hinter der Fassade des Friedenswillens und der endlosen Waffenstillstände gibt es eine heimliche Übereinkunft, ein unausgesprochenes großes Einverständnis: daß wir ein Ende machen müssen mit uns und unseresgleichen, so bald und so gründlich wie möglich – ohne Pardon, ohne Skrupel und ohne Überlebende.
Was sonst trüge das, was das Untier „Weltgeschichte“ nennt, wenn nicht die Hoffnung auf die Katastrophe, den Untergang, das Auslöschen der Spuren. Wer könnte eine sich Jahrtausend und Jahrtausend fortsetzende Litanei des Hauens, Stechens, Spießens, Hackens, die Monotonie des Schlachtens und Schädelspaltens, das Om mani padmehum der Greuel ertragen, ja seinerseits nach Kräften befördern, der nicht zugleich in der Heimlichkeit seiner Vernunft gewiß wäre, daß diese rastlosen Übungen ihn und seine Gattung Gemetzel um Gemetzel, Schlacht um Schlacht, Feldzug um Feldzug, Weltkrieg um Weltkrieg unaufhaltsam jenem letzten Massaker, jenem globalen Harmageddon näherbringen, mit dem das Untier seinen Schlußstrich setzt unter die atemlose Aufrechnung sich fort- und fortzeugenden Leids […]
„Nicht ein Jahrzehnt des Ausruhens, der Rast und des völligen Friedens hat sich das Untier in der von der Geschichtsschreibung erschlossenen Zeitspanne seit der Antike gegönnt, sondern waffenklirrend Schritt vor Schritt gesetzt, Hieb um Hieb geführt, als Lohn für die selbstlos dem militärischen Fortschritt dienenden Legionen Grab um Grab geschaufelt […]
„Vielleicht ist der Vernichtungs- und Selbstzerstörungswille des Menschen überhaupt nur die höchste und erstmals zum Bewußtsein seiner selbst gelangte Manifestation eines Urimpulses und Protoinstinkts, der allem Lebendigen innewohnt und es in seinen Untergang treibt.
Vielleicht war die gesamte Evolution nichts anderes als ein gigantischer Umweg, den das Plasma nahm, um sich nach dem Sündenfall der Urzeugung und seiner Vertreibung aus dem Anorganischen seiner neuerworbenen potentiellen Unsterblichkeit zu berauben und nach Äonen des Wucherns erneut ins Nirwana des Staubes und der Gase einzugehen.
Und vielleicht ist das Untier mit all seinem Erfindungsreichtum, seinem Selbstbewußtsein und seiner Philosophie nicht die Krone der Schöpfung, sondern bloß ihr Strick, die ingeniöse Methode, auf die vor Milliarden von Jahren der erste Einzeller verfiel, um nach ebenso vielen Zellteilungen und Teilungen von Teilungen, die sein Leben multiplizierten, doch noch Selbstmord zu begehen […]
„Die Geschichte des Untiers ist erfüllt […] Kein Überlebender wird sein Gedächtnis bewahren, keine Sage wird von den Prüfungen berichten, die es heimsuchten, die Qualen benennen, die es litt, um der großen, der universalen Erlösung willen.
Über dem nackten Fels seiner Heimat aber wird Frieden sein, und auf den Steinen liegt der weiße Staub des Organischen wie Reif.
Das Reißen und Schlingen, das Zermahlen und Ausbluten, das Stechen und Kröpfen, dieser ohne Unterlaß wütende Bürgerkrieg alles Lebendigen ist nie gewesen; und der Geist […] ist zu seinem eigenen Hirngespinst geworden. In einem Feuerwerk ohnegleichen ist er untergegangen, und mit dem Aufsteigen der letzten Rakete sind die Spuren getilgt, die ein Einzeller in Äonen hinterließ und die das Antlitz der Erde furchten wie sonst nur Gletscher und Glaziale […]
„Vermonden wir unseren stoffwechselsiechen Planeten! Denn nicht bevor sich die Sichel des Trabanten hienieden in tausend Kraterseen spiegelt, nicht bevor Vor- und Nachbild, Mond und Welt, ununterscheidbar geworden sind und Quarzkristalle über dem Abgrund einander zublinzeln im Sternenlicht, nicht bevor die letzte Oase verödet , der letzte Seufzer verklungen, der letzte Keim verdorrt ist, wird wieder Frieden sein auf Erden.“
Ulrich Horstmann
Das Untier – Konturen einer Philosophie der Menschenflucht
Gebundene Ausgabe: 177 Seiten
Verlag: Johannes G. Hoof; Auflage: 1 (15. Dezember 2005)
ISBN-10: 3936345473
Nein nein, dieses Glück wird uns nicht zuteil.
Während sich die Herrschaften an den Früchten der Zivilisation laben und stehenden Fußes dem Untergang entgegenstreben wird uns ewiges Siechtum widerfahren.
Meine Freundin hat heute Morgen gesagt: “ Dein Gesicht riecht“
Scheisse, wenn man alt wird…
Am Rande notiert:
Heute erstmalig über den Begriff „Vorständin, die“ gestolpert.Bisher gab es dieses Wort
nicht.Warum er plötzlich im Schrifttum auftaucht, dürfte klar sein.Genderfixierter Zeitgeist.
Die Duden-Redaktion stellt hierzu klar, daß der Begriff gute Chancen habe, in der nächsten Ausgabe des Rechtschreibewerks zu erscheinen.
Hm, es sollte eigentlich Wichtigeres geben, das es zu regeln gilt.
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