Heute ist mir beim Einsteigen in einen Bus mal wieder einer begegnet, der von der Kasseler Krankheit befallen ist. Er ist – so vermute ich – Kunsthistoriker, denn er hat einige Jahre im documenta-Archiv gearbeitet und macht Führungen durchs Museum. Markant an ihm ist eine für einen Mann sehr hohe Stimme. Die Kasseler Krankheit besteht darin, dass man Menschen, die man kennt, nicht grüßt: man behandelt sie so gleichgültig, als hätte man sie noch nie gesehen, als wären sie „complete strangers“.

Ich wundere mich immer wieder aufs Neue, wie Kunst“experten“ über die ethische Dimension von Kunst reden, eine Dimension, die sie selbst aber nie erreichen: sie lassen sich ihr moralisches Manko so wenig anmerken wie Zahnkranke ihre Paradontose.