oder der tägliche Totalitarismus

In Fred Zinnemanns Film JULIA gibt es eine Szene, in der während der Herrschaft der Nazis in Deutschland die Schriftstellerin Lillian Hellman ein Transitvisum in der Deutschen Botschaft in Paris beantragt, um via Berlin nach Moskau reisen zu können.

Die Botschaftsangestellte sagt zu Hellman: „In Berlin you can only stay a few hours.“ Hellman fragt: „Why is that?“
Die Angestellte antwortet mit einem Schweigen, das Bedrückung im Raum erzeugt. Dann knallt der Stempel auf das Visum nieder.

Ich nannte es, als ich über den Film einst schrieb, das „totalitäre Schweigen“. Oder das Schweigen der Totalitären. Sie können nichts mehr erklären, wenn es darum geht, ihre kriminellen Strukturen beim Namen zu nennen. Ab und an oder des öfteren kann man in Dokumentarfilmen solche Szenen beobachten, zum Beispiel wenn eine Journalistin einen Kommunikationsfachmann der Firma Bayer anlässlich der Aktionärsversammlung fragt, warum eine Angestellte von Bayer das Team der ARD ständig begleitet und beobachtet. Der communication officer der Bayer AG antwortet mehrfach auf die selbe Frage: „Der Kaffeeautomat steht dahinten.“ Inesco hätte die Nicht-Kommunikation kaum besser darstellen können. Oder anders gesagt: Nicht nur rücksichtslose Profitgier ist zum Äquivalent der Großkonzerne geworden, sondern auch ihr Totalitarismus. (Und dann beschwert sich der westliche Wertevertreter über China.)

PS.: Novartis hat 12 Milliarden Reingewinn erzielt, aber kein Geld mehr für die Antibiotika-Forschung.