Notizen aus der pädagogischen Unterwelt
Ein Beitrag von Someone
Ich sollte zur Erholung und kam in die Hölle.
Mitte Mai 1951. Hagen Hauptbahnhof. Ich bin 4 Jahre alt und winkte aus dem Abteilfenster eines Sammelzuges in Richung Bad Reichenhall meiner Mutter auf dem Bahnsteig zu. Sechs Wochen Erholungskur wegen chronischer Bronchitis (übrigens damals eine Stadarddiagnose) im Kinderkurheim Staufenhof, 800 km entfernt von zu Hause – ohne Bezugsperson und nur mit fremden Kindern -, haben mich traumatisiert. Eine weitere, sechswöchige „Erholungszeit“ im Staufenhof Bad Reichenhall-Nonn fand 1956 statt.
Das Thema „Verschickungskinder“ ist seit einigen Monaten in den Medien virulent und türmt sich zu einem Riesenskandal auf.
https://www.spiegel.de/geschichte/verschickungskinder-misshandlung-im-ferienheim-a-1297086.html
Es gibt inzwischen eine bundesweite Initiative der Betroffenen und einen Forschungsauftrag:
http://www.anjaroehl.de/verschickungsheime/comment-page-1/
https://nexus-survey.de/index.php?r=survey/index&sid=192261&lang=de
Die Erlebnisberichte auf der Webseite von Anja Röhl (Tochter von Ulrike Meinhof „Bambule“) sind für mich sehr verstörend, weil sie nach über 50 Jahren der Verkapselung des Traumas flashbacks induzieren, die schmerzhaft sind. Aus diesem Grunde verzichte ich auf Details, die mir aktuell wieder hochkommen. Die dunkle Wand der Erinnerung bleibt stabil. Keine Traumatherapie, keine Aufarbeitung. Ich lebe heute materiell und gesundheitlich wie sozial privilegiert. Was bleibt, ist eine kalte Wut. Das Heim, das vor vielen Jahren abgebrannt ist, stand in der Trägerschaft der AWO Bayern, die ich jetzt um Personallisten und andere historische Daten über diese Villa gebeten habe.
Nach dem Skandal der sexuellen Gewalt an Kindern durch kath. „Würdenträger“ wird dies ein weiterer Schatten sein, der sich auf das Land legt, dass alljährlich mit prominenter Mischpoke „Ein Herz für Kinder“ veranstaltet. Mir geht es im Gegensatz zu den Vernetzungsmotiven von Frau Röhl nicht um eine Entschädigung, sondern um die öffentliche Entschuldigung der verantwortlichen Institutionen von denen ich selbstverstandlich auch Unterstützung durch Transparenz und Einsicht erwarte.
Es ist mir wichtig, mit diesem Gastbeitrag die Reichweite des Themas zu vergrößern und einem sozialkritisch interessierten Personenkreis zugänglich zu machen.
Ich habe als Kind ebenfalls Solches erlebt – „Erholungsverschickung“ wegen chronischer Blasenentzündungen und Bettnässerei. Mit all den furchtbaren Foltermethoden, die in den Erfahrungsberichten über die im Post angegebenen Links nachlesbar sind.
Doch ich denke, viele der Älteren unter uns müssen nicht unbedingt aufgeklärt werden über das, was in den Heimen geschah – es wäre wie eine Ablenkung, sich zu empören über Heime, die mit vielen Kindern nur das praktizierten, was für unsere Nachkriegsgenerationen ein normaler Alltag für Kinder in der Mehrheit war. Entsetzliche Foltermethoden, Abrichtung, Dressur zu Gehorsam und Unempfindlichkeit waren Erziehungsweisen. Ganz normal in sehr vielen Familien, nicht nur in Heimen.
Das Buch der Nazi-Monster-Ärztin Johanna Haarer, „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ wurde bis in die 80er Jahre noch aufgelegt und verkauft. Die Bevölkerungshirne und -seelen sind durchseucht worden mit diesen schwerst grausamen Konzepten der Baby- und Kleinkindmisshandlung noch lange nach dem offiziellen Ende des Nazifaschismus.
Die Sklavenseelen oder – komplementär – Sklaventreiberseelen, Arschlöcher, Angsthasen und – komplementär – falschen Helden, die das Ergebnis sind von Brutalität und hartem Prinzipialismus, Sinnenfeindlichkeit, Willenbrechen gegenüber wehrlosen kleinen ausgelieferten Menschenwesen haben Politik gemacht in diesem Lande. Haben sich dieser Politik und diesem Profitsystem, Konkurrenzsystem, diesen Hierarchien und Konsumvorgaben, diesen Hartz-4-Gesetzen, diesem Sozialabbau usw usw unterworfen.
Was psychologische Forschung zu damaligen Zeiten bereits erwiesen hatte, um verstehen zu können, was all das anrichtet und was für geschädigte Persönlichkeiten es hervorbringt (man erinnere sich an Dr.Bruno Bettelheims Schriften, seine großen Erfolge in Kindertherapie durch Menschlichkeit, Akzeptanz und Liebe – der wusste schon alles und es war nachlesbar, weil er aufgrund seiner Erfolge berühmt wurde), kam erst Jahrzehnte später – also nicht zu Zeiten unserer Nachkriegskindheiten – zumindest ein bisschen an bei Sozialpädagogen, Medizinern usw.
Und bei Linken sowieso – oje. Ziemlich viele Idioten und Gefühlskrüppel (sie kamen ja auch als Opfer her aus all dem und rationalisierten ihre emotionale Zerstörung, so schlecht sie konnten), die sich in Fraktionierungen scheinbar an Sachinhalten fetzten (vom emotionalen Eisberg unter der Oberfläche nichts wissen wollten), Schmerzen und Klagen von misshandelten und traumatisierten Kindern und Frauen zu „Nebenwidersprüchen“ und natürlich „Randgruppenproblemen“ wegdefinierten.
Besonders lecker: es gab auch welche, die beschlossen, um der Arbeiterklasse möglichst nahe zu sein, müsse man heiraten…(naja) und möglichst mehrere Sprösslinge zeugen und diese dann auch „proletarisch erziehen“, und das hieß: auch prügeln.
Alle Aufarbeitung kann nie ganz reorganisieren – die Narben in der Hirnentwicklung und im Nervensystem bleiben. Die Abrichtung läuft inzwischen insgesamt subtiler, mit mehr scheinbarer Freiheit und ihrer Bejubelung – doch auch die alten Dressurfoltermethoden sind noch bei leider nicht sehr kleinen Minderheiten üblich. Schlagen ist unmoderner geworden, und Kotze wieder aufessen müssen, Kinderheimidylle in damaligen Ess-Sälen, ist in heutigen übersterilisierten Zeiten bäh geworden, doch die seelischen Prügel – die laut Hirnforschung das Gleiche anrichten – gibt es weiterhin en masse.
Unterwerfung unter ein destruktives System geht nur durch irgendeine Art von Abrichtung.
Ulrike Meinhof ist bereits in den 60er Jahren mit dem Film „Bambule“ ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt. Darin organisieren Teenager in einem Heim Widerstand und flüchten.
ei den meisten Menschen machen sich Traumata vor allem in zwei Phasen bemerkbar: in der Pubertät und im Alter. Wir haben in diesen Phasen wenig Widerstandskraft. Deswegen wäre eine Frage an Betroffene: Ging es dir in der Pubertät schlecht? Das kommt später wieder. Viele Depressionen im Alter sind unverarbeitete Traumata. Dann sind Menschen zu schwach, um das Erlebte beiseite zu schieben.
Ich bin skeptisch gegenüber Therapieformen, die die Betroffnen wieder mit dem Erlebten konfrontieren. Bei Neurosen und Phobien mag das funktionieren.
Traurig: https://www.ga-online.de/-news/artikel/702706/Dem-Elend-der-Verschickungskinder-auf-der-Spur
Baums Lady: „Unterwerfung unter ein destruktives System geht nur durch irgendeine Art von Abrichtung.“ Dieses Grundprinzip sollte bei der Beschäftigung mit dem Thema Gwalt in der Erziehung immer mitschwingen.
Da habe ich wohl grosses Glück gehabt.
Zweimal war ich in „Erholungsverschickung“. Einmal auf eine nordfriesische Insel, das zweite Mal in die ‚Sowjetisch besetzte Zone‘, irgendwo hinter Berlin. In der Erinnerung empfinde ich diese Kinderverschickung, mit den täglichen und ausgedehnten Aufenthalten an der „frischen Luft“, nur als pottenlangweilig und übergriffig war da nichts.
Dagegen war das, was sich in der Familie abspielte, ohne das hier aufzuspulen, von bleibender emotionaler Verletzung: Bis heute kann ich immer noch nicht in einem Raum mit verschlossener Tür schlafen und mir fällt es sehr schwer, Vertrauen in Menschen zu entwickeln.
@ baumslady
Ein sehr gelungener Kommentar !
Jede Zeit hat ihre eigenen Konventionen und kann einzig daraufhin beurteilt werden.
Verheerungen in Kinderseelen sind ubiquitär und an keinen Zeitabschnitt, keine Institution gebunden.
Vordem vermehrt durch hantige Disziplinierungsmaßnahmen – heute nicht eben selten durch Wohlstandsverwahrlosung.
Inwieweit sich die zugetragenen Schrecknisse 50 oder 60 Jahre danach überhaupt aufarbeiten lassen – eine gewisse Skepsis kann ich nicht verhehlen.
Schattenhafte Erinnerungen und mehrheitlich fehlende Adressaten erschweren die Auseinandersetzung.mit den erlittenen oder vermeintlichen Erlebnissen.
Es ist inzwischen beinahe gängige Praxis, manche schicksalhafte Blessur des Lebens und deren Wirkmächtigkeit einem frühkindlichen Trauma zuzuordnen.
Bis zu welchem Grad hier das „Peter oder Petra Pan Syndrom“ oder der Trend zur Viktimisierung eine Rolle spielen, lasse ich bewusst offen.
Meine eigenen Erinnerungen an Heim- oder Wohlfahrtserziehung stehen den horriblen Schilderungen indes diametral gegenüber.
.
@Sledgehammer
„Meine eigenen Erinnerungen an Heim- oder Wohlfahrtserziehung stehen den horriblen Schilderungen indes diametral gegenüber.“
Schön für Dich. Dann ist ja alles in Ordnung.
90 % aller Babyboomer (meine Schätzung) nach dem 2. Weltkrieg sind alle mehr oder weniger traumatisiert. Sie alle befinden sich in einem Tunnel der Verdrängung. Bleiben sie in ihrem Tunnel bis zu ihrem Lebensende, kein Problem. Kommen sie aber aus dem Tunnel raus und erfahren sich selbst, wird es ernst. Ich habe die akute Traumatisierung mitgemacht bzw. überlebt. Sie kennen das doch: Sie blicken zurück auf die schönen Momente der Kindheit und Jugend (das macht halt die ältere Generation weil sie überwiegend von ihrer Vergangenheit und ihren Erinnerungen lebt oder heute in einem prekären Job ums Überleben kämpft und keine Zeit hat über sich selbst nachzudenken) und verbinden dann diese schönen Momente auch gelegentlich mit Gerüchen und Geschmäckern aus der Vergangenheit. Sind die Erinnerungen überwiegend positiv, kein Problem. Sind die Erinnerungen überwiegend negativ, wird es ernst. Und auch nur eine Erinnerung aus der frühen Kindheit, welches Ihre Kindheit zerstört hat und Sie sich dessen erst nach 50 Jahren bewusst werden, kann posttraumatisch zum Suizid führen. Kein Psychologe steht Ihnen zur Seite weil Sie ja nicht als psychisch krank von der Gesellschaft gebranntmarkt werden wollen. Sie begeben Sie sich nicht in psychologische Behandlung. Also versuchen Sie selbst mit Gewalt diese negative/n Erfahrung/en aus der Kindheit zu verdrängen. Gelingt es, ist alles gut und Sie sind wieder in Ihrer Zeitschiene angekommen. Gelingt es nicht, sind Sie auf sich alleine gestellt und akut traumatisiert, wissen es aber nicht. Sie riechen, schmecken und fühlen genau so, wie in Ihrer verkorksten Kindheit und Jugend und das jeden Tag. Tägliche Flashbacks überfluten Sie und Sie sind dagegen machtlos. Sie leben dann in zwei Zeiten: in Ihrer Vergangenheit und der Gegenwart. Und jetzt kommt es darauf an, ob die Gegenwart Verständnis für Ihr traumatisches Leid empfindet. Tut sie es, ist dies hilfreich um das Trauma irgendwann glimpflich zu verarbeiten. Hat die Gegenwart kein Verständnis, kämpfen Sie gegen alles, auch um Ihr Überleben. Das kann jetzt aber nur eine/einer/divers bestätigen, die/ der/ divers/ die Handschellen einer Posttraumatischen Belastungsstörung am eigenen Leib/Seele erfahren hat.
Mit Entschuldigungen wird es nicht getan sein, davon verschwindet kein Trauma.
Sich einzugestehen, dass etwas nicht stimmt, mag der Anfang der Aufarbeitung sein.
Das Gebiet der Psychotraumatologie gibt es noch gar nicht so lang.
Ein Fachmann:
https://www.franz-ruppert.de/de/
Ich habe nirgends in Abrede gestellt, dass es derlei Auswüchse in der Heimerziehung gegeben hat.
Mir ist jedoch auch das Problem der falschen oder fehlerbehafteten Erinnerung hinreichend bekannt.
Damit ist nicht gesagt, dass jemand absichtsvoll die Unwahrheit sagt.
Manche Erinnerung wird von einer nachhaltigen Überzeugung getragen, der jedoch keine faktische Entsprechung zugrunde liegt.
Darauf ansatzweise hinzuweisen, muss in einem solchen Kontext erlaubt sein.
Die buchstäblichen Opfer der „Schwarzen Pädagogik“ müssen sich deshalb weder angegriffen noch herabgesetzt fühlen.
Beckmesserei erscheint mir nicht angebracht.
In eigener Sache:
Ich verabschiede mich unwiderruflich von diesem Blog und den Mitforisten.
Ich könnte schreiben, dass es die Eintönigkeit sei, die mich hier anödet.
Doch in Wahrheit geht mir schlicht die Freude am Kommentieren ab.
Alles gesagt – nichts und niemanden erreicht!
Servus! Sela – Psalmenende!
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@ Leselotte
das Thema scheint hier nicht unbedingt der grosse Bringer zu werden.
Habe mir die Seite vom Ruppert angeschaut und bin gleich beim ersten Text hängen geblieben, weil ich mit dieser Frage auch konfrontiert und dadurch ziemlich zerrissen.war. : „Aussöhnen oder Kontaktabruch?“
„Das kannst Du doch nicht machen! Es sind doch immer noch Deine Eltern.“ Ich habe den Kontaktabruch dann durch Distanz/Entfernung gelöst.
Und aus meiner Sicht hat es auch etwas durchaus Positives in mir freigesetzt: Ich wurde dadurch früh selbständig, ohne den Elternanker als Versicherung im Hintergrund, und ebenso wie „Pelle der Eroberer “ ( Martin Anderson Nexö), der seine Insel, die beengten Verhältnisse verlässt.
ich bedauere es, wenn sledgehammer sich von hier verabschiedet. und das auch noch mit einem vers von benn. er erweckt allerdings den eindruck, er reagiert sehr empfindlich auf kritik. baumslady ist eine derart ungewöhnliche frau, was die fähigkeit zur empathie betrifft, dass es mich wundert, dass ausgerechnet wegen ihr seinen abschied hier einreicht.
was das thema heimaufenthalt betrifft, so habe ich bis heute eine aversion gegen mehrbettzimmer.
ich war unter anderem in einem sozialistischem kinderheim in leipzig (kurt löwenstein, jacobstraße 25, in unmittelbarer vom rosengarten-park). mein alter entsprach in schuljahren der 7. klasse. eines abends gab es im heim heringssalat. mich würgte seit frühester kindheit hering, so ließ ich den salat in meiner hosentasche verschwinden, wurde dabei ertappt und gezwungen, ihn aufzuessen. ein kind aus meiner gruppe durfte mir als runterwürg- und spülhilfe mehrfach pfefferminztee holen. ich schaffte dann das runterschlucken mit zugehaltener nase.
ich war ungefähr ein dreiviertel jahr im heim, als ich zu pfingsten zu meiner mutter nach saalfeld fuhr. mit dem gefühl, gesund zu sein, stieg ich in den zug. als ich in saalfelnd ankam, hatte ich schüttelfrost und fühlte mich völlig ermattet. es steltte sich dann heraus, es war eine lungentzündung. 1956 gab es in der DDR noch kein penicillin. die krankheit zog sich über monate hin, begleitet von einer rippenfellentzündung.
als ich wieder gesund war, musste ich nicht mehr ins heim zurück.
Leider ist mir ein großer Text heute einfach im Orkus verschwunden – Frust.
Da ging es um die Anbindung des Themas an aktuelle Entwicklungen, um die Tatsache, warum das Thema objektiv gerade.jetzt ein Renner ist, auch um die Existenz von „falschen“ Erinnerungen und was sie bedeuten (natürlich gibt es.die).
Ganz schön doof, dieses Abhauen, Sledgehammer – ich habe Deine Beiträge gerne gelesen , manchmal darauf gewartet, sie haben mich erreicht .
Da ich selber außerdem noch nie langweilig war oder Langweiliges geschrieben hätte, fühle ich mich davon nicht angesprochen – für das, was.mich hier langweilt, hätte ich schon öfters entfleuchen können – aber einige hier begann ich nichtsdestotrotz zu mögen, da gehörsf Du dazu.
In einen Dialog zu gehen, heißt aber immer: offen dafür zu sein, dass andere auch bei Dir etwas „erreichen“;könnten, auch ohne gezielte Absicht. Dass wir miteinander reden, macht uns zu Menschen. Das wir zuhören und voneinander angerührt sein und auch Mal was lernen können. Beleidigte Leberwurst -Reaktionen verraten alte Schmerzen .
Dass also DU nichts erreicht zu haben glaubst, macht die Anderen sprachlich zu Deinen Objekten .
Du bist hier schließlich gemocht. Ist das nichts wert?
Männerrrr, sag ich nur, Männnnärrr!🙄🙄🙄
Hallo Sledgehammer,
‚Ich könnte schreiben, dass es die Eintönigkeit sei, die mich hier anödet.
Doch in Wahrheit geht mir schlicht die Freude am Kommentieren ab.“
Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass ich persönlich, also in “ Klein Bloggersdorf “ inzwischen das ebenso wahrnehme. Mir kommt das manchmal wie eine selbstauferlegte Enthaltsamkeit vor, oder einfach wie eine Resignation vor der gesellschaftlichen Realität, weil der Einfluss auf das, was gesellschaftliche Relevanz hat eben von anderen bestimmt/dominiert wird.
Und da wird das Thema Klimawandel pausenlos medial als die Menschheitskatastrophe unter das Volk gebracht und gleichzeitig als Transformationschance in einen neuen grünen Kapitalismus übersetzt.
Und wenn das von einer Madame “ von der Leyen“ im Europaparlament ebenso übersetzt wird, dann kann man wohl davon ausgehen, dass es dem Kapital wie immer, nicht nur um das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung geht, sondern um das Überleben der Menschheit insgesamt.
Daneben gibt es dann noch so langweilige Themen wie Gesundheitsversorgung, Renten, Lohnarbeit etc.. Das überlassen wir dann den sog. Linken, und lassen die damit schön auflaufen als ewig Gestrige , die den sog. Steuerzahler ausplündern wollen ohne selbst etwas zu leisten. Inzwischen scheint das selbst unter den Prolls so akzeptiert zu sein.
Sledgehammer:
Anja Röhl, die Begründerung des bundesweiten Initiative schreibt, dass ihr beim Lesen der vielen Erlebnisberichte klar wurde: Angesichts der geschilderten Detailgenauigkeiten, der übereinstimmenden Misshandlungsmethoden trotz unterschiedlicher Zeitabschnitte und Orte, kann es sich keines falls um Einzelfälle handeln.
Wie einzelne Betroffene heute damit umgehen, ob sie nachträglich noch eine Traumatherapie benötigen oder das Geschehene im Alter fest verschlossen halten, darüber steht mir kein Urteil zu.
Aus der Kriminologie wissen wir, dass Aussagen eines einzelnen Zeugen an Schärfe verlieren, ja sich sogar im Laufe der Zeit widersprechen können, je größer der Abstand zum Ereignis ist. Dem würde ich aber bei diesem Thema mit der Tatsache begegnen, dass allein die Verschickung von 3-4-jährigen Kindern ohne Kontakt zu Bezugspersonen ausreichen dürfte, um Narben in der Kinderseele zu hinterlassen.
Ich stehe der „Aufarbeitung“ durch fragwürdige Psychotechniken und -therapien sowieso kritisch gegenüber, denn sie sind oft nicht erfolgreich. Seit der Lektüre des Wälzers „Die Psychoszene“ von Colin Goldner und „Die Psychofalle“ von Karl-Heinz Hoepen finde ich meine Position insoweit bestätigt. Die Gefahr ist nämlich, dass versucht wird, mit autoritären Mitteln (der Therapeut als Experte) die gesellschaftlichen Ursachen von Problemen im Individuum zu verorten. Joepen nennt das Psychokratie.
Besonders wichtig ist für mich deshalb die Beantwortung der Frage, welche Kausalität zwischen den frühkindlichen Traumata und den Skrupellosigkeiten der heute herrschenden Machteliten besteht, wie baumslady es beschrieben hat. .
Ich würde daher trotz gegenteiliger Standpunkte gern weiter mit Dir diskutieren. (Reibung erzeugt Wärme, nicht Kälte.)
Es ist nicht allein der Höflichkeit geschuldet, dass ich ein letztes Mal erwidere.
@Klaus Baum
Als ich besagte Zeile hinschrieb, war mir nicht bewusst, dass sie Benn zuzurechnen ist.
Ferner möchte ich Dir für den (frühen) Zuspruch danken, wenn mich aufgrund gehäufter Anwandlungen von Blogorrhoe die Ahnung beschlich ins Seichte abzugleiten.
Dein Bedauern ehrt mich.
@BaumsLady
Gegen Kritik bin ich nicht immun, mit ihr jedoch vertraut, nicht zuletzt halber meiner antiquierten Lokution.
Beschädigungen inklusive.
Deine herzlichen Worte finden ihren Abnehmer.
@Troptard
Deine „Entblößungen“ nötigen mir Respekt ab und ich entdecke mehr Entsprechungen zwischen uns als weiland vermutet.
Mach’s gut, alter Knochen!
@altautonomer
Unverstellten Dank für die Reibefläche. Immer lernt man durch den Konterpart.
@all
Füllt diesen Blog bitte mit mehr Leben als zuletzt.
Von jedem von Euch nehme ich etwas mit.
Danke!
Hallo Sledgehammer
Das war ja mal eine richtig gelungene Verabschiedung!
Wohl auch deshalb erlaube ich mir noch zu fragen: Beabsichtigt Sledgehammer in Zukunft seine Hände stillzuhalten oder fühlt er sich in einem anderen Blog besser aufgehoben?
Dann finde ich es natürlich bedauerlich , dass das bisher tragende Gerüst beim Doctor durch Fluktuation immer mehr an Substanz verliert . Möglicherweise liegt es an Ermüdung oder auch ganz einfach an den Themen, daran, was der jeweilige “ Zeitgeist“ so vorgibt.
Dies nur als Erklärungsversuch und nicht als Aufforderung sich daran anzuwanzen, um diesen Themen hinterher zu dackeln.
Was mir fast entfallen wäre, dass es auch unüberbrückbare ideologische Differenzen sein können und die sich in Zeiten gesellschaftlicher Spaltungen/Zuspitzungen verstärken
„Mach“s gut. alter Knochen!“ Du auch!
Wir sollten alle eine Flasche Rotwein trinken, wenn er wieder auftaucht.
Alle werden eine Flasche Rotwein öffnen, falls er wieder auftaucht!
Sollte er wieder auftauchen, sollten alle eine Flasche Rotwein öffnen.
Klaus:Irgendwie sind meine Kommentare zunächst verschwunden und dann doch aufgetaucht. Einer reicht natürlich.
Um welchen Kommentar geht es?
Na, die mit dem Rotwein.
das gibt ja viele flaschen.
mein weinhändler hat schon zu. wein aus dem supermarkt kommt nicht in frage.
Ich will keine Werbung machen, aber merkwürdigerweise ist rossmann gar nicht schlecht. Nicht so teuer, aber gut trinkbar. Sieh es dir mal an.
danke für den tipp.
Ja, da muss ich mir unbedingt auch ein Fläschchen bunkern.
Ein anderer Fachmann im Interview mit Thomas Schmelzer von Mystica TV
Ich selbst war auch eine Frühgeburt (1960), etwa 4 Monate im Brutkasten, ein paar Monate in meiner Familie und verbrachte meinen ersten Geburtstag in einem Katholischen Säuglingsheim der DDR (die schwachen Erinnerungen an diese Zeit sind sogar angenehm); das Verhältnis zu meiner Mutter war zeitlebens schwierig.
Mir scheint, dass ich inzwischen meinen Frieden damit machte und auch weil ich durch diese speziellen Erfahrungen im Laufe der Zeit ein wenig Einblick in andere Dimensionen erhielt.
Für mich ging es vor der Einschulung ins alpine Österreich. Tatsächlich kann ich die Verschickung in meinem Fall nachvollziehen, weil mein Leben durch gewisse Umstände von keinem guten Stern begleitet waren, die auch meine Eltern überforderten. Ich habe noch gut in Erinnerung, wie schwer ihnen die Entscheidung fiel. Sie nahmen vorab mit mir das Heim in Augenschein. Ich lernte eine der Erzieherinnen kennen, die dann – da ich besonders zart und der Jüngste sein sollte – so etwas wie meine ‚persönliche Gouvernante‘ wurde. Eine sehr nette Frau, wie ich fand. Und unglaublich dick 🙂 Gegen das Heimweh ging sie mit mir oft spazieren abseits der Anderen, erzählte mir Märchen usw. Ich weiß noch genau, wie ich mich wunderte, dass diese massenhafte Frau mit mir den Berg hoch kam.
Das Heimweh stellte sich ein, obwohl mir klar war, dass es für mich zu Hause nicht zum Besten war. Wahrscheinlich ist die Bindung des Kindes zu seinen Eltern stärker als jede noch so marode Brücke zu ihnen. Zur Metapher der maroden Brücke würde ich heute als Erwachsener sagen, dass eine Sprache fehlte, die über (oder vor) aller Sprache liegt: Die Liebesfähigkeit zu sich und als Basis einer gelingenden Weltbegegnung.
Das Heim bot auch einige der Missstände, wie sie hier schon geschildert wurden. Ein Aha-Erlebnis habe ich nicht, mir ist das schon lange bewusst. Vor allem der Fresszwang bis zum Kotzen ist mir in Erinnerung. Auch waren manche Erzieher ruppig, fassten einen ohne Anlass mit ungewöhnlicher Härte an. Sexuelle Absichten standen aber nicht dahinter, jedenfalls bei mir nicht, das weiß ich sicher; wohl eher Grobschlächtigkeit.
@ Troptard
Abschließend:
Die „elektronische Agora“ ist mir derzeit gänzlich zuwider. Kontinenz – das Gebot der Stunde..
Das Internet, die Blogosphäre sind auch ohne mich erfüllt von der ungebrochenen „Mitteilungsinkontinenz“.der Vielen.
hier ein beitrag, nicht von mir:
ich war mit meiner Schwester als kleines Kind (4 Jahre??) in einer solchen Kur.
Wir wurden gezwungen morgens einen warmen Haferschleim zu essen und ich erinnere mich dunkel, wie ein Mädchen bestraft wurde, weil ihr dabei übel wurde…
Ich habe heute noch einen Ekel vor warmer Milch und dem Geruch…
In dieser Kur bin ich richtig krank geworden „Scharlachverdacht“ und wurde in eine ‚Krankenabteilung‘ verlegt;
Dort stieg ein netter Ausländer (Italiener?) durch das Fenster und gab uns Kindern Schokolade…
Meine Eltern haben mich dann ‚gerettet‘ und ich wurde vorzeitig abgeholt… bekam dann als Entschädigung einen Hamster…
Als 2-Jähriger wurde ich mal in eine Klinik verlegt (ohne Mama) und stand Tag und Nacht in meinem Ställchen-Bett auf einer zu weichen Matratze – immer auf Mama wartend… Dadurch bekam ich dann X-Beine…
Es war für mich immer traumatisch, von meiner Mutter getrennt zu sein…
So war ich auch nicht im Kindergarten…
Ich war mit 10 Jahre, 1958 in dem Kindererholungsheim Bad Reichenhall Nonn 64. Ich war ein zartes und mageres Mädchen. Jeden Morgen gab es irgendeine Puddingsuppe, Schokolade oder Vanille oder Haferschleim, eklig das Letztere. Ansonsten waren die Portionen ziemlich gross, abends gab es u.a. ein dickes und fettes Stück Leberwurst. das konnte ich so nicht essen. Überhaupt war das Essen immer wieder sehr fett. Zunehmen war das A und O. Sie zwangen mich, mein Essen aufzuessen, und irgendwann war es dann so weit, dass ich das nicht mehr so konnte. Ich glaube, es gab keinen Tag, wo ich nicht mindestens ein Essen von mir gegeben hatte. Das gab ganz schlimmen Ärger, ich wurde heruntergeputzt, die übelsten Erniedrigungen. Das ging dann so weit, dass ich mich vorne vor allen hinsetzen musste, um meine Sachen zu essen. Als das nicht alles so ging, schlug mir die Erzieherin mit einem Bambusstöckchen auf die Hände und das nicht nur einmal.
Beim Sport war ich sehr gut, bis dann die Turnlehrerin wahrscheinlich erfuhr, dass ich grosse Probleme beim Essen habe. Von da an schikanierte sie mich, wo sie nur konnte. Sagte auch, dass ich nie den Übergang auf die Realschule packen würde und das dann nicht nur einmal in dieser Zeit. Runterputzen war wohl angebracht..
Den Namen der Erzieherin weiss ich heute noch: Frl. Wilde….. . Vergesse ich nie.
Als ich dann nach hause kam, hatten meine Eltern den Kaffeetisch gedeckt. Mein Vater sah die Striemen auf meinen Händen und fragte mich, ob mich jemand geschlagen hätte. Ich bejahte das, von da an herrschte eine Ganze Weile Stille. Ich sagte nur: Schickt mich niemals mehr weg.
Später erfuhr ich, dass sich mein Vater an die Stadt gewandt hatte, um sich zu beschweren, dass diese Damen zur Rechneschaft gezogen werden sollten.
Ich kann nicht sagen, was ich dachte, als ich hörte, dass dieses Heim abgebrannt sein sollte. War wohl weniger gut.
Das war mein Erlebnis in einem Kindererholungsheim. Ab dieser Zeit sagte ich mir, dass meine Kinder nie wegfahren müssen, wenn sie es denn nicht wollen. So blieb es auch.
Nachtrag:
300 Gramm hatte ich in den 6 Wochen zugenommen und das in der Zeit, als ich 1 Woche auf der Krankenstation lag, wegen eitriger Mandeln. Essen Prima, kein Zwang, Leute sehr nett.
Anonymus = Elke
Das, was uns erwartet. wird noch wesentlich schlimmer.
Ich wurde 1958 in das Kinderheim Staufenhof-Nonn verschickt. Ich war mit 12 Jahren stark unterernährt. Die Kinderschwestern waren eigentlich zu mir immer nett weil ich ein guter Esser war. Wir sind viel gewandert und uns wurde immer auch Nachmittags vorgelesen. Schlimm behandelt wurde nur ein Kind das nicht essen wollte und sich immer übergeben hat, aus Heimweh und Kummer. Wir anderen nannten ihn Mr. Katze. Eines Tages mußte er mit seinem Teller vor dem Essensaufzug treten. Die Schwester stellte einen Eimer hin und er mußte um den Eimer laufen und essen, die Schwester hinter ihm her mit einem Knüppel. Vor lauter Angst auf Schläge aß er alles auf und an den nächsten Tag und alle weiteren Tage hatte er immer alles aufgegessen. Was uns immer leiden ließ war, daß wir zu wenig zu trinken bekamen und wir uns an die Wasserhahn im Waschraum hängen.
Da das Wasser aber kein Trinwasser war bekamen 90 % der Kinder Thyphus. Das wurde aber geheim gehalten. Bei mir führte die Erkrankung zu einem erheblichen Gewichtsverlust, so daß ich nochmals 6 Wochen dableiben mußte. Nach 12 Wochen kam ich dann wenigstens mit dem Gewicht nach Berlin zurück mit dem ich einst abgefahren war. Meine Tante war leitende Führsorgerin in Berlin Spandau und forschte bei der AWO nach und fand es dann bestätigt.
Ich habe aber eigentlich nicht sehr gelitten Ich gab Abends immer mit meiner Mundharmonika Konzerte. Ich spielte damals die aktuellen Schlager.
Vielleicht wurde ich deshalb Musikverleger in Hannover. Dann hatte es ja was gutes in Bad Reichenhall
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