Wie angekündigt hier die Pdf Datei mit dem beanstandenden Banner, z.B. S. 26 u. 33.

Detailierter nochmals hier:

Ein Desaster für die Documenta

Ein Desaster für die DocumentaDie Kasseler Kunstausstellung hängt das Banner des Kollektivs Taring Padi ab. Richtig so. Aber hat denn niemand …

Und ja, es handelt sich beim „babi hutan“ (Wildschwein) tatsächlich um ein Mitglied der Spezialeinheit der Kopassus, was man an dem Kopassus Emblem auf dem Barret und der Krawatte erkennen kann.

Wenn man bei dem Mossad Agenten einen „Schweinerüssel“ erkennen will, dann lässt die Fantasie viel Freiraum, was aber schon adsurdum geführt wird weil der (vermeindliche nicht-jüdische) Cop hinter dem Agenten auch ein Mundschutz trägt.

Ich will hier nochmals auf die Mensch-Hund Mischfiguren hinweisen (ab S.35).

Der Vorwurf des Antisemitismus greift ganz klar zu kurz und wenn man sich die Pdf anschaut und das immense Werk des Kollektivs anschaut lässt so ein Urteil das nicht zu. Wobei es schon m.M gewollt ist, wenn aus einer relativ kleinen Darstellung eines jüdischen Kapitalisten (die ehrlich gesagt wirklich mehr als kritikwürdig ist), eine politische Motivation des Judenhasses zu unterstellen.

Als Bewohner eines ehm. kolonialisierten Landes steht für einem selber ersteinmal die sog. Nakbar der Palästinenser im Vordergrund und nicht die von Europäern (implizit von Deutschen) verursachte Shoa.

Man sollte nie vergessen das nach dem Weltkrieg II im anschl. Unabhängigkeitskrieg zwischen 1945-49 hunderdtausende von Indonesiern ihr Leben liessen und unter der niederl. „Polizeiaktion“ (ja auch damals durfte man nicht vom Krieg reden) mehr Indonesier starben, als unter der japanischen Besetzung während des Zweiten Weltkrieges.

Auch wird man bei Diskussionen mit Vertretern des sog. Globalen Süden nicht unrichtigerweise darauf hingewiesen was sie den selbst an der Shoa verursacht haben? Es ist richtig, kein Indonesier hat den maschinellen Massenmord an Juden geplant noch durchgeführt, so dass ein hysterischer Vorwurf des Antisemitismus von dt. Seite erstmal eigene dt. Befindlichkeit ist.

Es geht eher, so vermute ich, darum antikapitalistische Positionen zu diskreditieren und es von vornerein unmöglich gemacht werden soll über alternativen zum Kapitalismus zu diskutieren. Da hilft natürlich die Behauptung das Linke oder linke Positionen per se „antisemitisch“ sind. Lenkt es doch auch davon ab, dass bürgerliche Inhalte durchaus Anschluss an Antisemitismus haben. 

Man kann es drehen und wenden, es wird niemals eine linke Theorie gefunden werden, die die Vernichtung der Juden, alleine schon wegem ihrem jüdisch Seins, propagiert. Rechte und wirtschaftsliberale Positionen gibt es dagegen zu Hauf.

Wenn solidarität mit Israel zur Raison wird, ist Krittik natürlich „antisemitisch“. Da wirkt ein hintenangehängtes: „Kritik an Isreal ist nicht unbedingt antisemitisch, aber…“ eher wie ein „pluralistisches“ Feigenblatt. Zumal ja auch der Versuch unternommen wird, Antizionismus als Synonym zum Antisemitismus darzustellen.

Es vergisst aber, dass es eben keinen einheitlichen Zionismus gibt. Die Positionen reichen von extrem rechts, über bürgerlich, bis hin zum Sozialismus. Ein Theodor Herzl sprach von einem Land Palästina welches quasi nicht bewohnt war und sogar ein Linker wie Leo Bernstein sah eine Notwendigkeit zum Kolonialismus, da die „Wilden“ zu so etwas wie Nation Building nicht in der Lage sind. Es ist nur allzu verständlich wenn Menschen die z.T. für ihre Dekoloniesation hart kämpfen mussten, in starker Opposition zum Zionismus stehen.

Dieser Aspekt wird bei der Diskussion unterschlagen, geradezu bevormundend, da man z.B. Indonesiern eine eigene Wahrnehmung nicht eingestehen will. Ich vermute auch einen reaktionären Back lash bei solch einer Debatte, da man sich jetzt als ehm. Kolonisator wieder daran „erinnert“ das die Kolonien für die dortige Bevölkerung Infrastruktur aufgebaut haben, ein immer wiederkehrendes Motiv von Befürwortern oder Relativierer des Kolonialismus.

Besonders infam sind aber angebliche „progressive antiideologische“ Positionen, die für ihre Argumente die Aufklärung bemühen um eigentlich zu behaupten das „die da unten“ (besonders Muslime) kulturell bedingt garnicht zu zivilisatorischen Leistungen in der Lage sind.

Disclaimer:

Preisfrage! Warum gibt es beispielsweise bis heute in den Niederlanden keine öffentliche Ehrung und sei es nur in Strassenbenennung, für Soekarno? Ein Umstand den schon 2019 die niedel. Historikerin Anne-Lot Hoek kritisiert hat.

Anders kann man so einen Schmonz nicht interpretieren:

Documenta 15 ist die „Re-Fundamentalisierung der Kunst“ 

Documenta 15 ist die „Re-Fundamentalisierung der Kunst“Der Kulturtheoriker Bazon Brock hält Antisemitismus für „einen kleinen Teil des Kulturalismus“. Dieser sei nicht…

Was der Geisteswissenschaftler da von sich äussert ist ideologisch, aber nicht wissenschaftlich, aber wenn Kulturalisten anderen Kulturalismus vorwerfen…

Wie ich schon schrieb, mit diesem Kolektiv verhält es sich wesentlich komplexer, wie ich schon auf den Hinweis mit den Holzschnitt „Berikan Cinta Pada Sesama“ (Anderen, bzw. jeden Liebe geben, S.94) in meinem Kommentar geschrieben habe.

Dazu ein wenig Landeskunde:

Die Pancasila (Staatsdoktrin) definiert Indonesien als ein religiöses Land in dem fünf Religionen bzw. Konfessionen anerkannt sind. Das wären der Islam, Protestantismus, Katholizismus, Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus. Alle anderen Religionen „gibt“ es nicht in Indonesien.

Ich bin selber Inhaber eines indon. KTP (Personalausweis), in diesem stehen nicht nur meine persönlichen Daten, sondern mein sozialer Status (verheiratet oder nicht, verwitwet und Beruf) und meine Religionszugehörigkeit (ein MUSS).

Indonesien ist damit das einzige Land der Welt, in dem in einem offiziellen Dokument die Religion vermerkt ist (Isreal war bis Ende der 2000er die Nummer zwei).

Es gab immer eine jüdische Community in Indonesien, besonders in Surabaya und Manado (da befindet sich auch die grösste Synagoge und seit kurzem das erste Holocaust Museum Südostasiens). Während der quasi faschistischen Herrschafts Suhartos mussten indon. Juden ihren Glauben wechseln und i.d.R. wählt diese dann eine der zwei christl. Religionen und praktizierten ihren jüdischen Glauben im verborgenen. Man erkennt ehm. Juden an ihren „unverdächtigen christl.“ Namen wie Sara(h) oder Benyamin…

Taring Padi zieht auch gerade die jüdische Religion in ihrem Werk mit ein, obwohl es eben keine offizielle Religion in Indonesien ist.

Seit jüngster Zeit finden Juden und ehmalige Juden wieder verstärkt zurück zum Judentum und treten damit in der Öffentlichkeit, auch gibt es gerade bei jungen Indonesiern ein verstärktes Interesse an Isreal und es wird auch öffentlich die offizielle Boykott Position der indonesischen Regierung gegenüber Isreals in Frage gestellt.

Vor der Pandemie hat der Vorsitzende, Siradj, von der NU (Nahdlatul Ulama), der mit über 40 Mio. Mitgliedern die grösste muslimische Organisation weltweit, einen privaten Besuch nach Isreal gemacht und die Boykotthaltung Indonesiens vor der dortigen Handelskammer in einer Rede kritisiert.

Wir sehen, es ist schon ein wenig komplexer, aber was zählen im Westen schon ausserwestl. Politik und Wahrnehmungen?