· Moria – eine Schande – mit Ansage und Absicht?

Es war mehr als absehbar, dass eine Situation wie die im Lager Moria entstehen wird. In einem Lager, dass für wenige Menschen ausgelegt war. Die dort temporär eine Unterkunft finden sollten, bis ihre Berechtigung auf Asyl geprüft wurde. Stattdessen kam es zu der unglaublichen, langandauernden und anwachsenden Überbelegung mit den haarsträubenden Verhältnissen, über die auch ich in meiner Sendung „dunja hayali“ berichtete. Moria war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Ort, der sehr real und nicht nur symbolisch für die noch immer fehlende Fähigkeit der EU stand, mit der Asyl-Situation umzugehen.Nun also ist es abgebrannt. Und natürlich wurde nicht primär die Frage gestellt, wie es zu all dem kommen konnte, wer eigentlich welche Verantwortung für die zahlreichen Ursachen trägt, sondern im Wesentlichen, wer das Feuer wohl gelegt hat. Verstehen Sie mich nicht falsch, das muss natürlich geklärt werden. Aber trifft es, ob der Zustände, wirklich den Kern, wenn nun von Undank die Rede ist, von Verbrechern und Erpressern. Von Menschen, die man ja nun auf keinen Fall von dort wegholen könne, denn wer wisse schon, zu was „die“ noch so in der Lage sind. Man dürfe ihnen nicht entgegenkommen, denn sonst würde man ja überall „lernen“, dass man nur ein Feuer legen müsse, um in den Wohlstand der EU aufgenommen zu werden. Übrigens, das Lager ist in der EU…Wie zynisch. Man schafft bzw. läßt zunächst solche Bedingungen für Menschen zu und schreibt Ihnen dann zu, allesamt Verbrecher zu sein? Ach nein, Kinder und Frauen natürlich nicht. Nur den jungen Männern… Interessant. Wo sind die hin, die sonst immer auf Differenzierung pochen. „Nicht alle Ostdeutschen, nicht alle xy-Wähler, nicht alle Corona-Kritiker“… Aber wenn es um junge Männer geht, geht alles über Bord. Was bleibt, ist Menschenverachtung. Es ist ein armseliges Beispiel für eine Täter-Opferumkehr. Kann und will ich mich daran gewöhnen? Nein!Selbstverständlich ist es kein auch nur irgendwie akzeptabler Weg, Feuer zu legen und damit sehenden Auges das Risiko einzugehen, dass Menschen sterben könnten. Und es ist auch nötig, Täter zu ermitteln und einer rechtsstaatlichen Strafe zuzuführen. Was in diesen Umgebungsbedingungen schwer genug sein dürfte.Aber ist dieses ganze Geschehen nicht primär Ausdruck und Ausfluss der Unfähigkeit der Europäischen Union, tragfähige Lösungen zu finden? Fünf Jahre „wir schaffen das“ bedeuten auch fünf Jahre „wir brauchen jetzt eine europäische Lösung“. Wird dieser Satz, der ja nicht mit Leben und Lösungen gefüllt wird, den Verantwortlichen nicht langsam peinlich? Denn auch jetzt, ganz aktuell, bei der Frage, wie nun endlich den Menschen aus dem Lager Moria sinnvoll, rechtmäßig und menschenwürdig geholfen werden kann, fällt dieser Satz ohne Unterlass. Vergessen wir nicht: es gibt nicht nur Moria. Wann wird endlich anerkannt, dass das Nichtlösen von „Problemen“ nur weitere Probleme schafft?Als vermeintlicher Ausweg wird dann eben ein neues Lager gebaut und damit aller Voraussicht nach das Problem nur verstärkt. Nicht nur für die, die dann in diesem Lager leben müssen, auch für die Einwohner der Orte auf Lesbos. Für die Länder an den Außengrenzen der EU.Und die, die jetzt helfen möchten? Nicht als politisches Zeichen, sondern ad hoc in einer Notsituation, wie es mehrere deutsche Städte und Kommunen erklärt haben. Es wird ihnen versagt mit der Begründung, man werde keine europäische Lösung finden, wenn Deutschland „zu viel helfen“ würde. Die Menschen in den Lagern also als Druckmittel zum Erzwingen einer „Solidargemeinschaft“, während man zusieht, wie die Visegrád-Staaten mit ihrem „wir helfen vor Ort“ die Diskussion bereits für beendet erklären?Und so dreht sich die Sache im Kreis. Das Einstimmigkeitsprinzip sei ein Problem, sagen viele. Gut wäre, man würde sich nicht auf der Feststellung ausruhen, damit die EU endlich handlungsfähig wird. Natürlich wäre eine europäische Lösung das Beste, das würde ich mir als Europäerin, mit all den Werten, wofür diese Union auf dem Papier steht und wofür sie einen Friedensnobelpreis erhalten halt, wirklich wünschen. Aber stattdessen führen einige EU-Staaten die gesamte EU auf dem Rücken wehrloser Menschen am Nasenring durch die Manege. Ein Schauspiel, dass hoffentlich mit dem Brand in Moria und der deutschen EU-Ratspräsidentschaft seinen letzten Akt gefunden hat.Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, wenn sie nicht gerade im Feuer erloschen ist…

dh

Wir reden oft darüber, was wir alles nicht tun können. Warum reden wir nicht mal darüber, was wir tun können. Was wären ihre Lösungen für Moria?